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Nick Clegg warnt Premier Cameron: "Man kann nicht Erfolg haben, indem man mit dem Fuß aufstampft und sagt, dass man Mitglied im Klub sein will, aber die Regeln einseitig festlegen möchte."

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Premier David Camerons ablehnende Haltung zur EU wird durch den Druck der oppositionellen Arbeiterpartei noch verstärkt: vorerst Veto zum EU-Budget.

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In drei Wochen wollen die Staats- und Regierungschefs der Union das langfristige EU-Budget bis 2020 unter Dach und Fach bringen: schwierig, denn das Unterhaus trägt Premier David Cameron auf, für reale Kürzung zu sorgen. Paris tritt als Beschützer der Bauern auf.

London/Brüssel - Am Mittwoch erwartet Angela Merkel einen selbst für eine deutsche Kanzlerin sehr herausfordernden Tag. In der Nacht wird sie gebannt Richtung Washington blicken, wenn die Entscheidung über den künftigen US-Präsidenten fällt - was so oder so notgedrungen mit Konsequenzen für das globale Euro-Krisenmanagement verbunden ist.

Tagsüber muss sie sich bei einem Arbeitsbesuch in London mit dem schwierigsten Partner herumschlagen, den es in der Union derzeit gibt: dem konservativen Premierminister David Cameron.

Der Brite hatte der Kanzlerin bereits beim EU-Gipfel Mitte Oktober signalisiert, dass er nicht nur gegen die deutsch-französischen Pläne für eine Euro-Bankenunion querschießen wird, so gut es geht. Er drohte dabei unverhohlen auch ein Veto bei der sogenannten Finanziellen Vorausschau an, dem auf sieben Jahre von 2014 bis 2020 angelegten EU-Budgetplan, der den gemeinsamen Politiken der Union zugrunde liegt.

Osteuropäer fürchtet weniger Geld

Die Debatte um die von Nettozahlerländern wie Deutschland, Österreich oder den Niederlanden verlangten Kürzungen um 100 Milliarden Euro im ersten Kommissionsansatz von 1030 Milliarden Euro ist inzwischen längst zum Krieg der Worte angewachsen. So hat die Regierung in Paris Mittwoch signalisiert, dass sie allzu starke Einschnitte bei der Agrarpolitik (von der französische Bauern sehr profitieren) niemals akzeptieren werde.

Die neuen EU-Länder in Osteuropa hingegen, die bei einem Einfrieren des EU-Budgets auf Inflationsabgeltung mit viel weniger Subventionen auskommen müssen, mobilisieren ebenfalls.

Die härteste Nuss von allen ist jedoch Cameron. Für Merkel geht es in London vor allem darum zu klären, ob ein Kompromiss bereits bei einem Budgetsondergipfel der Staats- und Regierungschefs am 22. November denkbar ist oder London cool auf die Veto-Bremse steigt: "Dann müssen wir schauen, wie sich das entwickelt", sagte die Kanzlerin nach einem Besuch des irischen Premiers Enda Kenny in Berlin.

Merkels Ziel: EU-Reform

Merkel will die Budgetfrage rasch vom Tisch haben, um beim EU-Gipfel im Dezember das langfristig noch viel wichtigere Thema einer umfassenden EU-Vertragsreform, einer deutlichen Stärkung der Euro- und Fiskalunion, tragfähigen Lösungen zuzuführen.

Dass dies gelingen könnte, erscheint nach einer deutlichen Verschärfung des Tons der Briten Richtung Brüssel nun eher unwahrscheinlich. Cameron erlitt am Mittwoch im Unterhaus eine empfindliche Abstimmungsniederlage in Sachen EU. Dutzende konservative und EU-skeptische Abgeordnete hatten sich bei einer Resolution auf die Seite der Opposition unter Labour-Führer Ed Milliband geschlagen. Der Premier wurde - nicht bindend - beauftragt, in der EU für eine reale Kürzung des Budgets zu sorgen.

Camerons liberaler Regierungspartner und Vizepremier Nick Clegg warnt bereits eindringlich davor, dass diese antieuropäische Haltung am Ende zu einem Austritt der Briten aus der Union führen könnte: "Man kann nicht Erfolg haben, indem man mit dem Fuß aufstampft und sagt, dass man Mitglied im Klub sein will, aber die Regeln einseitig festlegen möchte." Dem Königreich drohe eine Marginalisierung, so Clegg.

So weit wird es nicht kommen. Verhandler in Brüssel weisen darauf hin, dass das Säbelrasseln vor jeder Budgetrunde laut wurde. Notfalls werde es eine Verschiebung geben, so wie zuletzt Ende 2005, als man erst im April den Kompromiss fand. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 2.11.2012)