Irene Halenka, Claudia Kottal, Theo Helm, Bernd Sracnik und Markus Schramm (v. li.) in "Schilf".

Foto: Frenzel

Wien - Das Gesetz des Widerspruchs besagt: entweder - oder. Eine Sache und ihr Gegenteil können nicht zugleich wahr sein. Können sie wohl, behauptet Physiker Sebastian, die Hauptfigur in Juli Zehs Roman Schilf (2007), der nun in der Bühnenversion von Bettina Bruinier und Katja Friedrich erstmals in Österreich am Wiener Kosmostheater gezeigt wird.

Sebastian (Markus Schramm) ist Anhänger der Viele-Welten-Theorie, in der gilt: Alles, was möglich ist, geschieht auch. Es geschieht dann tatsächlich recht viel. Ein Medizinskandal, eine Entführung, ein Mord. Liebe, Freundschaft, Eifersucht, Schuld und Sühne. Das volle Programm also. Entsprechend der Viele-Welten-Therorie spielt Esther Muschol in ihrer Inszenierung die Möglichkeit einer Simultanität von Ereignissen durch. Die Bühne (Ausstattung: Claudia Vallant) besteht aus zahlreichen verschachtelten Kästen, Treppen und Ebenen.

Munter zwischen Raum, Zeit und Rollen springend, bieten die Schauspieler hier, teils darstellend, teils erzählend, Episoden aus Sebastians Leben dar. Der Präsenz und Spielfreude des hochkonzentrierten Ensembles ist es zu verdanken, dass der Zuseher dabei nie den Faden verliert.

Egal welche der Figuren sich die Darsteller vornehmen, sie tun es mit großer Zuneigung zu den oft etwas schrulligen Charakteren. Neben Irene Halenka und Angelo Margiol gibt etwa Claudia Kottal die etwas grobmotorisch veranlagte Nachwuchs-Ermittlerin Rita. Als zerknautschter Columbo steht ihr Bernd Sracnik in der Rolle des tödlich erkrankten Kommissars Schilf zur Seite. Und Theo Helm überzeugt als der dekadent-geniale beste Freund Sebastians.

Ein vergnüglicher, gleichwohl intellektuell anspruchsvoller Theaterabend.  (Andrea Heinz, DER STANDARD, 2.11.2012)