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Juni 2009: In einem ägyptischen Dorf verfolgen Männer Obamas Rede. Der US-Präsident versprach ein neues Verhältnis zur arabischen Welt. Palästinenserpolitik hat er jedoch keine. 

Foto: dapd

Zum Ärger über den Stillstand im Nahost-Friedensprozess kommt bei den Golfarabern der Frust über die zögerliche US-Unterstützung der Rebellen in Syrien.

 

Mit der einfachen Rechnung, dass Barack Obama Wahlen in der arabischen Welt gewinnen würde, weil Israel Obamas Herausforderer Mitt Romney wählen würde, liegt man selbstverständlich nicht falsch. Romney hat sich erfolgreich als der "bessere Freund" Israels positioniert, wenn man denn darunter versteht, dass ihm jeder Antagonismus zur israelischen Rechtsregierung fremd ist und sein persönliches Verhältnis zu Israels Premier Benjamin Netanjahu als Präsident gewiss besser wäre als das Obamas. Mit seiner von der israelischen Regierung übernommenen Behauptung, die Palästinenser wollten ja gar keinen Frieden, hat Romney die Araber aufgebracht.

Gleichzeitig wird man in arabischen Analysen zu den bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen Enthusiasmus über Obama vergeblich suchen. Was das Palästinenserproblem anbelangt, habe er immer nur das getan, was die israelische Regierung von ihm erwartete, wird ihm vorgeworfen. Zwei Reden fallen Obama dabei auf den Kopf: die eine programmatische Rede in Kairo im Juni 2009, in der er von Israel den absoluten Siedlungsbaustopp verlangte oder zu verlangen schien - denn kurz darauf war keine Rede mehr davon. Und die zweite vor der Uno-Vollversammlung im September 2010, als er seine Hoffnung ausdrückte, im nächsten Jahr einen palästinensischen Staat in der Uno begrüßen zu dürfen. Es folgte die US-Blockade aller diesbezüglichen Wünsche der Palästinenser im Uno-Sicherheitsrat. Wobei Obama natürlich tatsächlich einen durch Verhandlungen zustande gekommenen Palästinenserstaat gemeint hatte - aber dass die Palästinenser bei andauerndem Siedlungsausbau nicht mit Israel verhandeln wollten, war zum Teil Resultat der Obama-Rede in Kairo.

Der Eindruck, dass der US-Einfluss in der Region schwindet, ist weit verbreitet. Das demonstriert am deutlichsten der heute stark unter iranischem Einfluss stehende Irak. Mit Mubarak in Ägypten, Ben Ali in Tunesien und Saleh im Jemen sind US-Verbündete gefallen. Dass sich Obama nach kurzer Schrecksekunde auf die Seite der Revolutionen stellte und sich auch nicht abwandte, als die Stärke der Islamisten klar wurde, hat ihm bei den einen Sympathien eingebracht - beim säkularen Sektor der arabischen Gesellschaft aber auch Empörung. Von dieser ist es zur absurden Verschwörungstheorie nicht weit: Eigentlich haben die USA ja die Islamisten an die Macht gebracht, wie damals im Iran, kann man hören.

Obamas Bekenntnis zur arabischen Demokratie, das sich als Aufforderung an Mubarak äußerte, er solle abtreten, hat ihm politische Schlechtpunkte bei seinen Verbündeten am Golf eingebracht. König Abdullah von Saudi-Arabien soll entsetzt gewesen sein, dass Obama eine so wichtige Säule der US-Nahostpolitik so schnell fallenließ. Seitdem arrangieren sich die Golfmonarchien zwar mit den nun regierenden Muslimbrüdern, aber diese bleiben ihnen als Republikaner und Antimonarchisten, die jedoch ebenso gut islamisch sind wie sie selbst und noch dazu auf der Klaviatur der Demokratie spielen, suspekt.

Enttäuscht sind die Regierungen auf der arabischen Seite des Persischen Golfs auch von Obamas vermeintlichem Langmut mit dem Iran. Dabei spielt nicht so sehr eine Rolle, dass Obama auf eine diplomatische Lösung im Atomstreit setzt: Da die Golfaraber in einem Krieg vorderste Front wären, haben sie Angst vor einer Eskalation. Was Obama verübelt wird, ist, dass er im Syrien-Konflikt nicht voll auf den Wunsch der arabischen Golfstaaten eingestiegen ist, durch eine bewaffnete Intervention nicht nur Assad zu stürzen, sondern auch den Iran aus der Region zu drängen.

Hier decken sich die israelischen und die golfarabischen Interessen, aber daraus auf eine Vorliebe für Romney zu schließen ginge zu weit. Da steht dann wieder die israelische Palästinenserpolitik dazwischen. Wie tief der Graben ist, zeigt der kürzliche Besuch des katarischen Emirs Hamad Al Thani im Gazastreifen. (Gudrun Harrer /DER STANDARD, 2.11.2012)