Die Müdigkeit zwingt die Männer zu Boden. Das bringt Verletzungen mit sich. Aber wir kommen auch auf den schwarzen Gletscher hinauf

Am vierten Tag der GS Trophy 2012 fordert die Anstrengung ihren Tribut. Bei einer Sonderprüfung muss zweimal der Arzt ausrücken. Ein Teilnehmer des Team Canada bricht sich drei Rippen und das Schlüsselbein. Auch der Österreicher Willy Schmidtmayr kommt böse zu Sturz. Aber von Anfang an:

Foto: bmw

Tag Nummer vier der GS Trophy ist so geplant, dass sich die Teilnehmer etwas von den Strapazen erholen können. Die Tagesetappe ist relativ kurz, und es gibt nur eine Fahraktive Sonderprüfung. Diese klingt auf den ersten Blick recht harmlos, stellt sich im Nachhinein aber als ganz anders heraus.

Foto: bmw

Auf einer Endurostrecke müssen alle Teilnehmer innerhalb von zwei Stunden 20 Runden drehen. Die Strecke in weniger als einer Stunde zurückzulegen, ist rein rechnerisch kein Problem. Was wohl ein Problem ist, ist der Staub auf der Strecke, wenn alle 45 Teilnehmer gleichzeitig auf der 1,5 Kilometer langen Rundstrecke unterwegs sind. Noch verhängnisvoller ist aber die Müdigkeit der Teilnehmer. Willy Schmidtmayr und die beiden Schweizer des Team Alps sind von der Sonderprüfung wenig beeindruckt. "20 Runden in zwei Stunden zu fahren, das ist kein Problem - da bekommen alle Teams alle Punkte", lautet unisono die Meinung. Doch dann kommt alles anders.

Foto: bmw

In seiner zweiten Runde stürzt Willy Schmidtmayr in einer Kurve und klagt danach über leichte Kopfschmerzen. "Das Problem war der Staub. Ich habe nichts mehr gesehen, und die Bodenwellen haben mich einfach zu Boden gezwungen", sagt er. Beim Sturz hat die Gabel Schaden genommen - Lenker und Vorderrad schielen wie ein besoffener Brauereihengst. Willy Schmidtmayr fährt aus dem Track, versucht den Schaden zu richten, was ihm auf die Schnelle aber nicht gelingt. Mit dem verbogenen Bike startet er in seine weiteren 18 Runden.

Foto: bmw

Während Willy am Motorrad herumreißt, stürzt der Kanadier Marc-André Octeau schwer. Er bricht sich nicht nur die Rippen und das Schlüsselbein, sondern hat auch einen Pneumothorax. Er wird nicht, wie geplant, den Flug nach Hause nehmen können, sondern noch einige Tage in Argentinien im Krankenhaus ausharren müssen.

Foto: bmw

In seiner zwölften Runde vergisst Willy in der Hektik kurz den schiefen Lenker. Nach einigen Bodenwellen verreißt es ihm die GS. "Intuitiv habe ich versucht, das Motorrad wieder einzufangen, aber vielleicht ist mir der schiefe Lenker zum Verhängnis geworden. Ich hab es einfach nicht derritten", erzählt Willy, als er schon neben der Strecke liegt, GS Trophy-Arzt Axel über ihm lehnt und ihn versorgt. "Ich war müde wegen der Strapazen der vorangegangenen Tage, und der Sonnenbrand, den ich mir beim Raften geholt habe, hat mich schlecht schlafen lassen", sucht Willy nach den Ursachen für den Sturz.

Foto: bmw

Inzwischen geht es Willy wieder gut - während ich diese Zeilen schreibe, sitzt er neben mir und wartet auf die Tagesergebnisse. Denn auch wenn Willy - wie auch der Kanadier nicht alle 20 Runden fahren konnten, durfte Teamkollege Armin Schnyder die Runden, die Willy nicht mehr fahren konnte, abspulen. "Das war eine Sonderprüfung, die mir sehr entgegengekommen ist", meint Armin nach seinen 20 Runden, als Willy gerade am Track ist. So übernimmt er gerne die Aufgabe, die letzten Runden für Willy ins Ziel zu fahren.

Foto: bmw

Während Willy noch vom Arzt versorgt und zurück ins Camp gebracht wird, bricht der restliche Tross auf, hinauf zum "Schwarzen Gletscher" unweit von Bariloche. Eine fein geschwungene, enge Schotterstraße mördert den Teilnehmern dort die Hinterreifen, weil es quasi unmöglich ist, ab dem Scheitel nicht das Gas aufzureißen und quer aus der Kurve zu ziehen. Das heißt aber auch, dass die Teilnehmer einen weiteren Tag in Argentinien mehr Staub fressen als Fleisch genießen, wie es einer der Marshalls nennt.

Foto: bmw

Die zweite Sonderprüfung am Abend, einen Batteriewechsel zwischen zwei Motorrädern, natürlich auf Zeit, muss Willy auslassen. Die beiden Schweizer würden die Aufgabe auch ganz einfach ohne mich lösen, ich lasse es mir aber nicht nehmen, dazwischen zu funken, den dritten Mann zu stellen und die beiden halbseiden zu motivieren.

Foto: bmw

Diese Sonderprüfung geht dem Team leicht von der Hand, und so schließt das Team Alps den Tag mit Platz sechs ab, was im Gesamtranking auch Platz sechs bedeutet. In Führung liegt weiterhin das Team Deutschland vor dem Team Argentinien - die heutigen Tagessieger - und dem Team Frankreich.

Foto: bmw

Am nächsten Tag will Willy wieder am Motorrad sitzen - noch fehlt aber das OK des GS Trophy-Arztes. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 1.12.2012)

Mehr

Tag drei der GS Trophy
Tag zwei

Tag eins

Link

BMW GS Trophy 2012

Foto: bmw