Google bestückt seine Datenzentren mit günstiger Eigenbau-Hardware aus Asien.

Foto: Google

Vor rund zehn Jahren spazierte Chris Pinkham, damals verantwortlich für die Hardware und Software hinter den Diensten des Onlinehändlers Amazon, durch ein Datenzentrum, das sein Arbeitgeber als möglichen neuen Standort für seine eigenen Server in Betracht zog. Neben vielen anderen Unternehmen hatte auch Google dort seine Rechner untergebracht. Und das Setup des Webriesen sollte bei Pinkham bleibenden Eindruck hinterlassen.

Während sich bei anderen Unternehmen fein säuberlich Markengerät an Markengerät reihte, drängten sich in Googles speziell angefertigtem Rack Whitebox-Blade-Server auf engstem Raum und hatten nicht einmal ein Plastikgehäuse.

Vom Markenserver...

Ein Moment, der das Denken des Unternehmens verändern sollte. Auch Amazon begann sich abzuwenden von großen, leistungsstarken, teuren Servern hin zu günstigerem Equipment, das eine wesentlich schnellere Ausdehnung der Online-Kapazitäten ermöglichte. "Google war für uns ein sehr beeindruckendes Unternehmen und auch so etwas wie ein Vorbild dafür, wie man skalierbare Infrastruktur betreibt", erzählt Pinkham gegenüber Wired.

Das Unternehmen stieg um auf die billigste Hardware, die sein Stammanbieter Hewlett-Packard im Portfolio hatte. 2006 startete man die Elastic Computing Cloud. In weiterer Folge, schon nach dem Abschied von Pinkham, im gleichen Jahr sein eigenes, auf Cloud-software spezialisiertes Unternehmen namens Nimbula gründete, stieg man schließlich auf mehrere kleinere Anbieter wie ZT Systems um.

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Mittlerweile, so hört man vom derzeit verantwortlichen James Hamilton, baut Amazon gemeinsam mit asiatischen Herstellern - darunter Foxconn und Quanta - seine Server selbst. Prozessoren und Speicher kauft man direkt von Intel, um sich den teuren Umweg über Mittelsmänner, die OEMs, zu sparen.

Hamilton argumentiert, dass es aber einer gewissen Größe der Infrakstruktur Sinn macht. Dann lassen sich mit Intel und den anderen Partnern entsprechende Rabatte herausverhandeln, damit sich der Direkteinkauf in Asien lohnt. Vorausgesetzt, man hat das Personal, um solche Pläne umzusetzen.

Immer mehr kaufen direkt in Asien

Amazon und Google sind nicht die einzigen, die sich dieser Strategie bedienen. Auch Facebook geht diesen Weg und kauft direkt bei jenen Fertigern, die sonst für amerikanische Servergrößen wie IBM oder Dell arbeiten. Laut einem ehemaligen Quanta-Mitarbeiter tut dies auch Microsoft. Die Financial Times wiederum berichtet, dass sich auch Finanzgigant Goldman-Sachs direkt in Fernost bedient. Abseits des traditionellen Server-Segments ist ein beachtlicher "Schattenmarkt" entstanden.

Facebook hat das Design seiner selbst konstruierten Server sogar als Open Source zugänglich gemacht, wovon auch kleinere Unternehmen profitieren. Der einst für das Social Network tätige Analyse-Experte - er hat dort das "Data-Team" gegründet - könnte nun auf Basis der Pläne einen Servercluster bauen, der für ein New Yorker Spital Datenanalysen ausführt. Der Zukauf günstiger Whitebox-Hardware könnte ihm Rahmen dieses Projektes weitere Kostenersparnis bringen.

Wandel

Die Landschaft im Server-Business hat sich stark gewandelt. Vor vier Jahren sorgten IBM, Dell und HP alleine für 75 Prozent des Umsatzes, den Intel mit seinen Serverchips erwirtschaftet. Heute sind es acht serverproduzenten, darunter Google. Vielerorts werden auch andere Komponenten wie Netzwerkswitches ebenfalls direkt aus Asien bezogen.

Nicht nur die Internetfirmen selbst sparen durch den Umstieg auf billigere und skalierbarere Infrastruktur viel Geld. Es ermöglicht auch anderen Unternehmen die preiswerte Inanspruchnahme dieser Infrastruktur. So waren, wie Computerwissenschaftler David Patterson von der University of California meint, Amazons Web Services von Anfang an ausgesprochen leistbar, und die Tarifepurzeln bis heute. Erst kürzlich hat Amazon das Entgelt für die Nutzung seines S3-Onlinespeichers um ein Viertel gesenkt.

Meister der niedrigen Marge

Amazon behauptet sich in einem wachsenden Markt an Cloud Computing-Anbietern dabei auch dadurch, dass es dem Unternehmen gelingt, bei extrem niedrigen Profitmargen ein gutes Geschäft zu machen. Während Amazon von Google lernt, wie man effizient Infrastruktur betreibt, scheint Google dem Konkurrenten wiederum nachzueifern, wenn es darum geht, Cloud-Dienstleistungen anzubieten.

Machtwechsel

Für die Kunden bedeutet das Wachsen dieses Marktes, Projekte ohne teurer Hardware von IBM, Dell und Co. für deutlich weniger Geld durchführen zu können, sich dabei nicht selbst um die Hardware kümmern zu müssen und alles von jedem Ort über ein Webinterface steuern zu können.

"Es wird interessant sein, in den nächsten zehn Jahren zu beobachten, wie erfolgreich traditionelle Serveranbieter gegen diese Kapazitäten ankämpfen werden", meint Pinkham. "Wenn die Entwickler einmal realisieren, dass sie diese viel günstigere, homogene Infrastruktur für sich nutzen können, könnte sich die Macht zu jenen verlagern, die die günstigste, einfachste Hardware bauen." (red, derStandard.at, 01.12.2012)