Foto: Heribert Corn / http:www.corn.at

Bisher nur auf der Summerstage, jetzt auch unter Dach: die Pizzeria Riva mit neuem Holzofen und ganz traditionell neapolitanischem Know-how.

Foto: Heribert Corn / http:www.corn.at

Die Italiener und die Neapolitaner im Speziellen sind punkto Essen leicht zufriedenzustellen: So lange man sich exakt an ihre Vorgaben hält und die Zutaten ausschließlich bei zertifizierten Produzenten in und um den Golf besorgen lässt, ist alles gut. Ein Problem ist halt, dass so ziemlich jeder Neapolitaner seine ganz eigene und sehr fixe Vorstellung davon hat, wie es wirklich neapolitanisch zu schmecken hat. Wenn es dann auch noch um Pizza geht, ihren nicht zufällig mit ebenso viel Begeisterung wie Ahnungslosigkeit milliardenfach kopierten Teigfladen schlechthin, dann hört der Spaß ziemlich schnell auf. Längst haben die Neapolitaner eine hochoffizielle Vereinigung ins Leben gerufen, die keinen anderen Zweck hat, als die einzig wahre Art der Pizza zu kodifizieren und jene wenigen Aufrechten rund um den Globus aufzuspüren, die den Fladen tatsächlich nach dieser Manier in und aus dem Holzofen - was sonst - befördern.

In Wien hat sich in den vergangenen Jahren auch ein Bewusstsein dafür gebildet, dass es tatsächlich lohnt, seine Pizza bei sorgfältig arbeitenden Teigschleuderern zu ordern - für das ominöse Siegel der Associazione Verace Pizza Napoletana aber reicht es bislang es nur bei einem Betrieb. Bloß war der bislang nur zur Sommerszeit und noch dazu am ansonsten wenig verlockenden Donaukanal zu finden. Seit Anfang dieser Woche aber gibt es die von Alessandro d'Ambrosio initiierte und von Christian Leyerer geführte Pizzeria Riva auch unter Dach. Und wie: Mit einer Wand aus zauberhaft handbemalten Fliesen aus Vietri (ganz unten an der Costiera Amalfitana), mit langen Bänken und Tischen aus roher Eiche, mit ziemlich lässigen Leuchten aus Kupferblech, mit richtig coolen Papierläufern in Gazzetta dello Sport-Rosa und allerhand anderen Zeugnissen eines auch über den Gaumenhorizont hinausreichenden sicheren Geschmacks - nur: Ohne ordentliche Pizzen wär's dennoch nix.

Ein paar Spezialpizzen

Diesbezüglich ist sogar eine Steigerung zu verzeichnen. Zwar wird der Teig von den Pizzaioli Donato und Massimo (beides zertifizierte Neapolitaner, no na) unverändert aus original neapolitanischem Mehl gerührt und vor der Pizzawerdung zumindest 36 Stunden gereift, damit er nach dem Backen entsprechend elastisch wie auch bekömmlich sei. Zwar sind die Paradeiser für die Sauce unverändert und einzig aus San Marzano, die Mozzarella ausschließlich "fior di latte" oder "di bufala", die grandiosen Sardellen nur aus dem Golf, die Oliven aus Gaeta und so weiter im bis zur Borniertheit auf nachprüfbare Authentizität ausgelegten Kodex . Das Angebot wurde aber um ein paar Spezialpizzen erweitert, die selbst in Neapel nicht an jeder Straßenecke zu haben sind. Jene Pizza bianca (ohne Paradeissauce) etwa, die mit zart geräucherter Mozzarella ("Provola"), saftigen Salsiccia-Bemmerln und Friarielli (einer langstieligen, bitter-würzigen Broccoli-Art, die anderswo in Italien als Cime di rapa bekannt ist) belegt ist, hat ab dem ersten Biss extremen Suchtfaktor. Wobei es angesichts der schieren Fruchtigkeit der Paradeisersauce Überwindung kostet, etwas anderes als Margherita zu ordern.

Zu trinken gibt es Stiegl vom Fass, aber auch einige richtig spannende Biere von italienischen Mikrobrauereien, die sehr kulant kalkuliert sind. Weine gibt es ebenso, und nicht die schlechtesten. Insofern wäre durchaus zu überlegen, sie auch mitsamt ihren Jahrgängen in der Karte zu verzeichnen. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 14.12.2012)