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Die Porsches fahren nun unter der Flagge von VW vom Band. Die Porsche Holding SE könnte Innovationsschmiede werden.

Foto: EPA / Erik Lesser

Stuttgart - Für Porsche brachte das Jahr 2012 eine Zäsur in der Firmengeschichte. Das Sportwagengeschäft, gebündelt in der Porsche AG, ging an VW. Übrig blieb die Porsche Holding SE. Von der Dachgesellschaft könnte man bald viel hören - nicht nur wegen der milliardenschweren Risiken aufgrund von Anlegerklagen infolge der gescheiterten Übernahmeschlacht mit VW. Denn im Juni wurde die Porsche Automobil Holding SE (PSE) von einer Holdinghülle zum strategischen Investmentvehikel des VW-Konzerns. PSE hat Milliarden in der Kasse für Beteiligungen, etwa in Zulieferfirmen aus der Autobranche oder erneuerbare Energien.

Die PSE-Bilanz ist durchwachsen: Nach dem Angriff auf VW hält sie gut die Hälfte der stimmberechtigten VW-Aktien mit aktuellem Börsenwert von gut 20 Milliarden Euro. Ihr stehen bei PSE freilich milliardenschwere Prozessrisiken gegenüber, eine Folge des gescheiterten Übernahmekampfs, bei dem sich Anleger um ihr Geld gebracht sehen. Mehrere Schadenersatzklagen laufen im In- und Ausland. Auch musste PSE in ihrer Finanznot einen wahren Schatz an VW abgeben: das Sportwagengeschäft Porsche AG.

Schuldenfrei

Mit dem Deal, Porsche restlos an VW zu verkaufen, wurde PSE weitgehend schuldenfrei und damit zu einer Verwaltungshülle für die Anteile am Vielmarkenkonzern VW. Mit dem lukrativen Anrecht auf anfallende VW-Dividenden hätte die PSE beste Aussichten als passive Spardose. Doch die Strategen hinter PSE, die Familien Porsche und Piëch, haben andere Pläne.

In der PSE-Hauptversammlung Ende Juni gab es nämlich eine Satzungsänderung, die der schwäbischen Holding strategische Geschäfte für zentrale Zukunftsfragen in der Autowelt erlaubt. Denkbar wären Themen wie alternative Antriebe wie E-Autos, Hochtechnologie wie Leichtbau, Dienstleistungen wie Carsharing oder schlicht die Bündelung von Einkaufsmacht bei Rohstoffen.

"Das Feld, das sich mit den Satzungsänderungen eröffnet, ist von Juristen bewusst weit gefasst", erklärt PSE-Sprecher Albrecht Bamler. Derzeit habe PSE noch keine Firmen konkret im Fokus, vielmehr sei die Abteilung für das künftige Beteiligungsmanagement im Aufbau und verschaffe sich erste Überblicke. Frühestens in einigen Monaten sei die erste Investition wahrscheinlich. "Wobei wir weder Minder- noch Mehrheitsbeteiligungen ausschließen", wie Bamlers Kollege Frank Gaube betont. PSE werde sich aber nicht bei klassischen Autozulieferern einkaufen, alles laufe "entlang der automobilen Wertschöpfungskette", so die Sprachregelung.


Wieder flüssig

Fest steht, dass Porsche wieder flüssig ist. Nach den jüngsten Daten liegt die Nettoliquidität - also das Geld in der Kasse minus Schulden bei Banken - bei rund 2,6 Mrd. Euro.

Vorbild für die neue PSE könnte Quandt-Erbin Susanne Klatten sein. Sie sorgt bei BMW - zusammen mit Mutter Johanna und Bruder Stefan - als Ankeraktionär für Sicherheit fern kurzlebiger Börsentrends. Die 50-Jährige flankiert den Münchner Premiumhersteller auch mit Schützenhilfe. Ihre Investmentfirma SKion mit Sitz in Bad Homburg ist zusammen mit BMW Großaktionär beim Wiesbadener Carbon-Hersteller SGL, dessen Arbeit als ein Schlüssel für leichtere und damit spritsparendere Autos gilt. Auch VW ist an SGL beteiligt - hat aber längst nicht jenen Einfluss, den das Duo BMW/Klatten hat. Nach diesem Vorbild könnte PSE künftig Schützenhilfe beim Tanknetz für E-Autos sein, softwarelastige Mobilitätsdienstleistungen im Carsharing stemmen oder Lösungen für scharfe Abgasvorgaben.

Klatten steckte ihr Geld auch in Windkraft - eine weitere Parallele zu Gedanken bei VW, wo der Strommix in Fabriken längst Thema ist. Laut Satzung darf PSE auch erneuerbare Energien erzeugen und damit handeln. (Heiko Lossie, dpa, DER STANDARD, 2.1.2013)