Wien - Der Antrag war in der Gesetzesflut im Parlament untergegangen. Öffentlich unbeachtet, hatten SPÖ und ÖVP im November eine Entlastung beschlossen, die ursprünglich nicht geplant war. Adressaten: die Bauern.

Hintergrund ist der politische Streit um eine höhere Besteuerung dieser kleinen, aber mit starker Lobby ausgestatteten Berufsgruppe. Derzeit zahlen 97 Prozent der Bauern eine Steuerpauschale, die sich nach den sogenannten Einheitswerten bemisst. Diese sollen den Ertrag von Grund und Boden widerspiegeln, liegen aber weit unter den realen Werten.

Nicht nur Steuerexperten sehen darin ein fragwürdiges Privileg, sondern auch die SPÖ. Im Herbst rang sich die Koalition schließlich dazu durch, den Bauern mehr abzuverlangen. So soll etwa die Grenze, ab der sie unter die Pauschale fallen, von 100.000 Euro auf 75.000 Euro Einheitswert sinken. Außerdem werden die Einheitswerte neu berechnet, um sie der Realität anzunähern. Der Entschließungsantrag, den SPÖ und ÖVP im letzten Moment nachschoben, wird die Last in manchen Fällen jedoch wieder lindern. Demnach sind in Gebieten mit wenig Regen Abschläge von den Einheitswerten geplant: Unter 500 Millimetern im Jahr beträgt das Minus zehn Prozent, unter 550 sechs Prozent, unter 600 zwei Prozent. Der Rabatt gilt jeweils für das Jahr, in dem die Grenzen unterschritten werden.

Ein Blick in die Karten der Zentralanstalt für Metrologie und Geodynamik (ZAMG) zeigt: Profitieren wird das Flachland im Osten, wo es am wenigsten regnet. Allerdings war der spärliche Niederschlag im Schnitt bis dato kein Handicap. Die Bauern in Burgenland und Niederösterreich haben dank großer Güter bundesweit das höchste Einkommen. In SP-Kreisen sorgt dies nachträglich für Unmut: Durch die Hintertür könnten via gesenkte Einheitswerte wieder fast alle Landwirte unter die Steuerpauschale fallen. Haben sich die roten Verhandler über den Tisch ziehen lassen? SP-Mandatar Kurt Gaßner will sich das nicht vorwerfen lassen. Die ÖVP habe sich den Trockenheitspassus gewünscht, sagt er, "doch die große Vergütung ist das nicht". Im Abtausch habe die SPÖ erreicht, dass künftig auch Betriebsräte im Verwaltungsrat der Agrarmarkt Austria sitzen.

Bauernbund-Präsident Jakob Auer versteht die Kritik schon gar nicht. "Schauen Sie sich die Trockenschäden an", rät der ÖVP-Abgeordnete: "In Hollabrunn fiel heuer die halbe Getreideernte weg, im Weinviertel gab's einen Totalausfall bei Raps."

Dass jene Grenzwerte, die sein Antrag als "extreme Trockenheit" definiert, mancherorts im Osten langjähriger Durchschnitt sind, täusche. Mittelwerte sagten wenig über örtliche Miseren aus, meint Auer: Außerdem handle es sich ohnehin "nur um eine Kleinigkeit". (Gerald John, DER STANDARD, 2.1.2013)