Je näher das Plebiszit zur Wehrpflicht rückt, desto eindringlicher werden die Appelle, an der ersten bundesweiten Volksbefragung teilzunehmen. Kein Wunder. Denn nichts wäre peinlicher für SPÖ und ÖVP, als wenn sich eine satte Mehrheit einem Votum entziehen würde. Fast dreieinhalb Jahre koalitionärer Krach, Zank und Hader um Wehrpflicht, Zivildienst und Katastrophenschutz wären umsonst gewesen - und die Streithanseln würden sich künftig vielleicht besser überlegen, zu welchen Angelegenheiten sie an die Urnen bitten.

Denn dieser Riesenkomplex - die künftige Sicherheitspolitik des Staates samt Sozialwesen - eignet sich nicht, um die Instrumente der Demokratie zu erproben. Oder weniger vornehm ausgedrückt: um damit einen egoistischen Zwischenwahlkampf zu führen, weil Rot und Schwarz vor dem Superwahljahr ausloten wollen, wie kampfbereit ihre Funktionäre und wie glaubensstark ihre Anhänger sind.

Nichts anderes steckt hinter dem Spektakel - und was dabei geboten wird, ist auf beiden Seiten beschämend. Die einen, jahrzehntelang Wehrpflicht-Befürworter, sehen nun alles Heil in einer Freiwilligenarmee; die anderen, einst Berufsheer-Fans und Zivildienst-Verächter, klammern sich an das jetzige System, als ginge sonst das Land unter.

Mit ihrem Vorgehen haben Faymann, Spindelegger & Co die repräsentative Demokratie arg beschädigt - am 20. Jänner bietet sich Gelegenheit, ihnen durch Absenz dauernde Blockaden und leichtfertige Volksentscheide zu verleiden. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 2.1.2013)