Roberto Alagna als Schwedenkönig Gustaf III. in Giuseppe Verdis " Maskenball". 

Foto: Michael Poehn/Wiener Staatsoper

Wien - Im Verdi-Jahr 2013 hat die Wiener Staatsoper zehn Inszenierungen von Werken des Großdramatikers im Angebot, zeitgerecht vor dem Opernball rückt der Branchenprimus den Maskenball in die Auslage. Ein dezentes ironisches Statement des Hauses, sind doch sowohl dieses Musiktheater Verdis als auch das alljährliche große Gesellschaftstheater unserer Republik als eine durchaus nervenaufreibende Angelegenheit zu bezeichnen.

Doch schon vor dem Dolchstoß gegen den kunstsinnigen Schwedenkönig Gustaf III. galt es bei dieser Wiederaufnahme zu zittern: Darsteller Roberto Alagna ließ sich vor dem dritten Akt als angeschlagen ansagen. Das hohe B brach in der Tat das eine und andere Mal ab, zum Ende gelang dem Startenor das Kunststück, dass Stimme und Bühnenfigur nahezu gleichzeitig dahinschieden. In den ersten zwei Akten hatte der Franzose mit seinem prächtigen Tenor noch beeindruckt und gefallen: Alagna präsentierte zwar nur eine Stimmfarbe und diese in monodynamischer Weise, aber sowohl Farbe als auch Lautstärke hatten es in sich. Fantastisch.

Auch Alagnas Bühnenpartnerin Sondra Radvanovsky ist mehr ein vokales Kraftwerk denn eine gewöhnliche Sängerin; ihr umfangreicher, offener, intensiv geführter Sopran tangierte - begrüßenswerterweise! - in der Darstellung der Amelia auch die Bereiche des Nicht-nur-Schönen, des Sirenenhaften. Eine Stimme mit Charakter. Große Oper.

Gabriele Vivianis vokales Wirken als René Ankarström geriet, wie es sich für Untergebene gehört, engagiert, aber eben auch eine Spur glanzloser als das des Königs; etwas zu leicht, zu wenig dunkel-glühend in der Tiefe die Ulrica von Monica Bohinec. Eine Freude Ileana Tonca als agiler, glänzender Oscar: ein Quell des Charmes, der Leichtlebigkeit, des Frohsinns in diesem umschatteten Werk. Erinnernswert bleibt auch Alessio Arduini als nobel-intensiver Christian.

Im Staatsopernorchester führte Konzertmeister-Legende Rainer Küchl im dritten Akt die Schmerzhaftigkeit eines kleinen Sekundvorhalts mit der nur ihm gegebenen Drastik vor Ohren, wieder und wieder und wieder; Solocellist Robert Nagy stellte mit virtuoser, berstender Expressivität sogar das Flehen Radvanovskys um ein Treffen mir ihrem Kind ins Aufmerksamkeitsabseits. Ein guter Koordinator, aber etwas starr und einfallslos Philippe Auguin als Dirigent des Staatsopernorchesters, welches wie so oft mit der Glut der Geigen punktete, wundervoll vital auch die Pauke im dritten Akt.

Der König ist tot, die Republik, sie kann kommen. (Stefan Ender, DER STANDARD, 2./3.2.2013)