Mein Haus ist dein Haus: Immer mehr Touristen und auch Geschäftsleute suchen sich im Internet auf Portalen Schlafplätze bei Privatleuten. Besonders gefragt sind Quartiere in großen Städten.

Foto: Screenshot/9flats.com

Wien - Wer teilt, hat mehr, heißt es schon in der Bibel. Eine An- und Einsicht, die sich in digitalen Zeiten Sharing-Sites zunutze machen. Neben dem Teilen von Autos kommen auch in Europa zunehmend private Vermietungsservices in Mode. Statt im Hotel zu übernachten, nisten sich Urlauber oder Geschäftsleute lieber in einer heimeligen Privatwohnung ein.

85.000 Unterkünfte, vom möblierten Zimmer bis zum Luxus-Loft, finden sich auf der Plattform 9flats.com, die vor zwei Jahren von dem gebürtigen Schwaben Stephan Uhrenbacher aufgebaut wurde. Während seiner Stippvisite in Wien hat er aber in einem Hotel übernachtet. Das mache er nur, wenn er spätnachts wo ankomme, erzählt er im STANDARD-Gespräch.

"Zumindest in der westlichen Welt setzt ein Umbruch ein, und die Leute fangen an, nicht mehr alles besitzen zu müssen", sieht er einen wesentlichen Grund für die Verbreitung von Sharing-Sites. Es ist nicht das erste Start-up, das der 44-Jährige auf die Beine gestellt hat. Auf seiner Gründungsliste stehen unter anderem der Onlinemarkt Avocadostore für nachhaltige Produkte und Qype, ein Bewertungsportal, das er 2012 für 50 Millionen Euro an den US-Konkurrenten Yelp verkauft hat.

Mit Versicherungsschutz

Marktführer der entgeltlichen Schlafplatzvermittlung ist das US-Portal Airbnb. Ein weiterer bekannter Mitspieler aus Deutschland ist die Plattform Wimdu, aus der Start-up-Fabrik der deutschen Samwer-Brüder. Uhrenbacher nimmt für sich in Anspruch, der Erste gewesen zu sein, der einen Versicherungsschutz eingeführt habe. Der Vermieter ist dabei gegen unbeabsichtigte Schäden bis 500.000 Euro geschützt.

Alle drei Portale sind gerade dabei, weltweit zu expandieren. Die Nachfrage vor allem deutscher Reisender für private Unterkünfte in Österreich sei beispielsweise enorm, sagt Uhrenbacher. Für jede vermittelte Wohnung erhält das Unternehmen eine Provision zwischen zwölf und 15 Prozent.

"Dämpfender Effekt" 

Investoren glauben an das Potenzial der Privatzimmervermittlung. 9Flats sammelte zum Beispiel im Vorjahr bei einer Finanzierungsrunde einen zweistelligen Millionenbetrag von der Deutschen Telekom ein.

Eine reine Win-Win-Situation also? Nicht in den Augen kommerzieller Bettenvermarkter. Der Vorwurf seitens Hotelverbänden, viele der privaten Einkünfte würden nicht versteuert, ist noch der geringste. Mitunter ertönt auch der Vorwurf ungenügender Hygiene- und Sicherheitsstandard bei privaten Unterkünften.

"Plattformen wie wir haben sicher einen dämpfenden Effekt auf exorbitante Hotelzimmerpreise, die es in Städten bei Messeveranstaltungen gibt", stellt Uhrenbacher dem entgegen. Vermieter und Nutzer locke vielleicht im ersten Moment das Geld, das sie verdienen bzw. sparen können. Doch viele seien im zweiten Moment davon überrascht, dass sie so mit anderen Menschen in Kontakt kommen. (DER STANDARD, 2.2.2013)