Hochprozentiger Streit: Helga Pedross und Helmut Rühl in "Wer hat Angst vor Virgina Woolf". 

Foto: Vorarlberger Landestheater

Bregenz - Von Clubsessel zu Clubsessel, flankiert von einer Batterie Brandy und Bourbon, lässt sich's gut fetzen. Martha und George, das Dreamteam aller Ehedramen, grölen seit nunmehr 50 Jahren ihr peinsames Wer hat Angst vor Virginia Woolf. Sie tun es auch in Annegret Ritzels klassischer Inszenierung von Edward Albee. Martha, Inbegriff des weiblichen Rüpels, beflegelt ihren "Bücherheini" von Ehemann, er kontert, nur vordergründig verhaltener, mit Invektiven.

Bei all dem Hass, der da nächtens erblüht, geht's dem Alphapaar aber nicht zuletzt darum, "das bisschen Grips, das wir noch haben", zu demonstrieren. Und den Besuch zu manipulieren, der den College-Kobras als Claque und Knetmasse dient. Jovial als "Kinder" in Empfang genommen, später als "die Knirpse" tituliert, sind Jungdozent und Partnerin den Inszenierungen ihrer "Schwipsky"-Wirte in keiner Weise gewachsen. Nicht der anpassungswillige Biologe (Alexander Julian Meile), der sich die Rolle des Hengsts anhängen lässt, und nicht das angeschickerte Gattinen-Girlie (Alexandra Maria Nutz).

Nach einer Einlage Suffausdruckstanz von Honey tanzen Martha und Honeys Mann einander heftig an, aus übertriebener Distanz, in einer Szene voll Knisterkomik. Ansonsten kracht's, ständig, vor allem dank Helga Pedross' Martha, welche einfach nur aufdreht, und es ist klar: Die ist nicht bloß vom Destillat so laut. Allein schon ein lauerndes "Hey!" von ihr genügt, um sich vorstellen zu können, wie dieses Weibsstück ihren frisch Angetrauten per Fausthieb in die Heidelbeeren niederstreckte.

Bücherheini souffliert, wenn die Bourbon-Getränkte nach dem fehlenden Schimpfwort sucht. Und macht kurzen Prozess mit dem Sohn, den die beiden sich erfunden haben. Helmut Rühl im Gustav-Mahler-Look zeichnet den Geschichteprof als diabolischen Gschichtldrucker, der einmal selbstgefällig-ironisch auf Reich-Ranicki macht, um schlussendlich kleinlaut und komplett bedient neben seiner Martha im Dunkeln unter weißen Segeln (Paul Lerchbaumer) zu hocken.

Die Fahne ist nach wie vor mehr Whiskey als weiß. (Petra Nachbaur, DER STANDARD, 2./3.2013)