Wien - Dass die umstrittene Konzessionsrichtlinie keinen Zwang beinhaltet, die Wasserversorgung zu privatisieren, hat selbst SPÖ-Chef Werner Faymann eingeräumt. Wälzt die EU also tatsächlich keine solchen Pläne? Richard Kühnel, Vertreter der EU-Kommission in Österreich, versichert: "Wir sind in dieser Frage neutral."

Kritiker wie Attac wollen das nicht glauben und zitieren jene Sparprogramme, die EU-Krisenstaaten mit der Troika aus Kommission, Währungsfonds und Europäischer Zentralbank vereinbaren, um Hilfsgelder zu bekommen. Privatisierungen sind dabei ein massiver Brocken und machen nicht vor der Wasserversorgung halt. Auf der griechischen Verkaufsliste stehen die Wasserwerke von Athen und Thessaloniki, auf der portugiesischen der staatliche Versorger Aguas de Portugal. Die Troika überwacht den Fortschritt - und rügt, wenn Privatisierungen verschleppt werden.

Von einer Vorgabe sei dennoch keine Rede, sagt Kühnel: Als Gegenleistung für die Hilfe fordere die Troika zwar einen "Beitrag" ein, diktiere aber nicht, welchen. Realistischerweise komme man dabei nicht an Privatisierungen vorbei, "doch wir schreiben nicht vor, was wie weit in welcher Reihenfolge verkauft werden muss." Keinen Widerspruch zur behaupteten Neutralität sieht Kühnel auch in jenem Brief, in dem die Kommission im Vorjahr auf eine Anfrage von NGOs antwortete. Die Kommission sei der Auffassung, dass die Privatisierung von Wasserversorgung "Vorteile" bringen könne, heißt es da - sofern diese umsichtig gehandhabt werde.

Die Kommission handle im Interesse jener Konzerne, die von Privatisierungen profitieren, glaubt Attac und wirft der Kanzlerpartei SPÖ Doppelzüngigkeit vor: Auch Österreichs Regierung nicke die Privatisierungsprogramme für die Krisenstaaten ab. Replik von Staatssekretär Andreas Schieder: Leider gebe es in Europa eben eine konservative Mehrheit und "neoliberale Ansichten" in der Kommission.(Gerald John, DER STANDARD; 2.2.2013)