Die Situation erinnert an die bekannte Darstellung der drei Affen, die sich entweder Augen, Ohren oder Mund zuhalten: Mariano Rajoy, spanischer Ministerpräsident, wollte zuerst nichts sagen zum Vorwurf, dass er und seine konservative Partei PP jahrelang Schwarzgeld kassiert haben sollen. Stattdessen befahl er seiner Stellvertreterin zu beteuern, alles sei klar, transparent und legal. Erst nachdem mehrere Beweise für Unregelmäßigkeiten präsentiert wurden, lenkte er ein und kündigte eine Stellungnahme für das Wochenende an.

Doch es könnte bereits zu spät sein: Schon am Montag trifft Rajoy in Berlin mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen. Spätestens dort muss er der wohl mächtigsten EU-Regierungschefin und dann - bei der gemeinsamen Pressekonferenz - den internationalen Medien Rede und Antwort stehen. Und dabei steht nichts weniger auf dem Spiel als die Glaubwürdigkeit Spaniens.

Rajoy steht mit dem Rücken zur Wand. Er täte gut daran zu erkennen, dass seine bisher bewährte Taktik - Luft anhalten, abtauchen, abwarten, auftauchen - nicht mehr funktionieren kann. Er ist nicht mehr der einflussreiche Regionalpolitiker, der in Galicien niemanden fürchten muss, sondern oberster Repräsentant eines EU-Mitgliedslandes, das unter den Augen der Weltöffentlichkeit seit Monaten am fiskalpolitischen Abgrund balanciert. Fällt er, könnte auch Spanien fallen. (DER STANDARD, 2.2.2013)