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Exflüchtlingswohnungen in Wien: 300 Plätze gingen verloren.

Foto: AP

Wien - Yasin ist oft abgeblitzt. Monatelang war der Iraker Klinken putzen, um einen Job zu finden. Erbarmt hat sich schließlich eine Leiharbeiterfirma aus dem Osten. "Bei den Österreichern", erzählt er, "hatte ich keine Chance".

Was heimische Unternehmen abschreckt: Yasin ist subsidiär Schutzberechtigter. Anders als Asylberechtigte gelten Menschen wie er nicht als direkt vom Heimatstaat verfolgt, aber dennoch als schutzbedürftig, weil sie etwa wie der Jeside Yasin zu einer allgemein bedrohten Volksgruppe gehören. Erteilt wird der Status - und damit der Zugang zum Arbeitsmarkt - immer nur auf ein Jahr befristet. Die Verlängerung ist oft reine Formsache, doch das wissen potenzielle Arbeitgeber nicht.

"Erklären Sie mir das!"

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) glaubt dennoch, dass auch diese Chance auf einen Job zu selten genützt werde. 3500 subsidiär Schutzberechtigte gingen keiner Arbeit nach, klagte sie unlängst im STANDARD-Interview: "Erklären Sie mir das!"

Alexandra Gröller lässt sich nicht zweimal bitten. "Hochmotiviert" seien diese Menschen, sagt die Vizeleiterin des Flüchtlingsdienstes der Diakonie, "nur hängen sie völlig in der Luft. Es fehlt an Hilfe." Die Jobs warteten schließlich nicht vor der Haustür: Nicht wenige Flüchtlinge sind auf dem Land untergebracht, fernab vom Schuss. Die Arbeitsuche treibt sie in die Städte, wo es aber erst ein Dach über dem Kopf zu finden gilt. Ohne halbwegs Deutsch zu sprechen, pendelten viele zwischen räudigen Wucherquartieren und dem Sofa von Bekannten, erzählt Gröller: "Wie soll es in der Lage gelingen, Arbeit zu finden?"

Die Diakonie bemüht sich, möglichst vielen ein "Startpaket" mitzugeben. Deutschkurse, Beratung, Unterstützung bei der Jobsuche bietet die Hilfsorganisation an, und auch 130 Übergangswohnungen in Wien, St. Pölten und Salzburg. Rund 80 Prozent der Klienten schafften es so, auf eigenen Beinen zu stehen, sagen die Betreiber, doch das mit Geld von EU, Bund, Ländern und Spendern finanzierte Projekt ist heillos überlastet. 2012 gab es viermal so viele Bewerber wie Wohnplätze.

Das liegt auch am Innenministerium. Der dort angesiedelte Integrationsfonds hat in den vergangenen zwei Jahren die von ihm geführten Startwohnungen aufgegeben, um das Geld in Sprachkurse zu stecken. Nicht immer sind NGOs, Länder oder Gemeinden eingesprungen, von 1200 Wohnungen gingen 330 verloren. In Wien etwa sperrten zwei Häuser mit über 300 Plätzen ersatzlos zu.

Für subsidiär Schutzberechtigte sei die Hilfe besonders dürftig, sagt Gröller: So stünden Wohnprojekte der Stadt Wien nur regulären Asylberechtigten offen. Salzburg wiederum verweigert Schutzberechtigten als einziges Land die Mindestsicherung.

Yasins größte Sorge ist die Unterkunft. Hunderte Euro blättere er hin, um eine Miniabsteige mit Mäusen zu teilen. Eine Startwohnung der Diakonie würde nur 90 Euro pro Monat kosten, doch seine Bewerbung ist mangels Platzes vergeblich: Aufnahme finden nur mehr absolute Notfälle. (jo, DER STANDARD, 1.3.2013)