Wien - Manche Menschen sollten wirklich, definitiv und echt keine Verbrechen begehen. Werner Z. ist einer von ihnen. Daher sitzt der 47-jährige Kärntner auch geknickt vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Peter Liebetreu am Wiener Straflandesgericht. Bis zu zehn Jahre Haft drohen ihm wegen zweier Raubüberfälle auf Postämter.

Angeklagter bis November 2012 unbescholten

"Solche Leute wie Sie haben wir hier selten", stellt der erfahrene Liebetreu fest. Denn bis November 2012 hatte der Angeklagte nie mit der Polizei oder Justiz zu tun, wie auch das Vorstrafenregister beweist. "Warum haben Sie das also gemacht?", will der Vorsitzende wissen. "Es war mehr der Alkohol. Und die Frau, die ich kennengelernt habe und die mir aus der Wohnung das letzte Geld gestohlen hat", antwortet Z. betrübt.

Seine Alkoholabhängigkeit führte zum Jobverlust und zu mehr Alkohol. Irgendwann wollten die Bekannten, von denen er sich Geld für den Lebensunterhalt ausgeborgt hatte, dieses zurück. "Ich habe nicht gewusst, woher", sagt der Angeklagte.

Plötzin statt Blödsinn

Am 15. November kam ihm nach "zehn bis zwölf Bier" eine Idee. Er ging mit einem handgeschriebenen Zettel in ein Postamt. Zunächst sagte er der Angestellten aber noch, dass eine Postanweisung für ihn da sei. Und legte nach Aufforderung seinen echten Reisepass vor, ehe er den Zettel hinlegte, auf dem er 2000 Euro forderte. Die geschockte Angestellte gab ihm die, er verschwand.

Mit der Beute zahlte er Schulden, am 11. Dezember versuchte er es nochmals in einer anderen Filiale. Diesmal stellte er sich in der Schlange an, zeigte wieder erst seinen Pass und dann den Zettel. "Was haben Sie in Deutsch für eine Note gehabt?", fragt Vorsitzender Liebetreu unvermittelt. "Einen Vierer." Der Grund der Frage erheitert das Publikum: "Sie haben da nämlich statt Blödsinn Plötzin geschrieben."

Drei Jahre Haft

In diesem Fall fragte die Angestellte noch, ob sie einen Kollegen fragen dürfe, dieser sagte ihr, sie solle die Forderung erfüllen. Nachdem sie dem Täter das Papiergeld aus der Kassa ausgehändigt hatte, wollte sie noch wissen, "ob er noch die Münzen will. Das ist Kundenfreundlichkeit".

Nach fünf Minuten Beratung wird Z. nicht rechtskräftig verurteilt: drei Jahre Haft - aus generalpräventiven Gründen. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 2./3.3.2013)