So real wie möglich: "Copstories" mit Holger Schober, Michael Steinocher, Cornelia Ivancan und David Miesmer

Foto: ORF/Petro Domenigg

Regisseurin Barbara Eder.

Foto: privat

STANDARD: Ein Vater erfährt, dass sein Sohn tot ist. Er lacht die Polizisten aus und sagt: "Verarschen könnts wen anderen." Eine reale Vorlage für die "Copstories"?

Eder: Ja, wir haben viel mit Polizisten geredet, und das wurde uns so erzählt. Die Leute wollen die Wahrheit in dem Moment nicht annehmen. Derselbe Mechanismus spielt eine Rolle, wenn ein Kommissar am Tatort lacht. Ich war für eine Doku mit Profilern unterwegs und habe dabei häufig eine unnatürliche Fröhlichkeit am Tatort erlebt.

STANDARD: Was waren die lehrreichsten Lektionen in den Gesprächen mit Polizisten?

Eder: Die Sprache fasziniert mich: "Heute haben wir wieder einen J20 gehabt." Oder: "Was ist, Komantsche, gemma heut wieder auf die Prärie? Passt, nimm da dei Gummiwurscht mit." Solche Dialoge kannst du nicht erfinden.

STANDARD: Sind die "Copstories" eine Imagepolitur für die Polizei?

Eder: Das Image der Polizei? Kein allzu gutes. Wir haben einen Rassisten dabei, dem wir einen türkischen Partner zur Seite stellen. Unser Produzent Florian Gebhardt hatte Bedenken, ich sagte: Geh und hör dir an, was auf der Straße gesagt wird. Das ist Wien.

STANDARD: Wie darf man sich das Zusammenspiel der Regisseure Paul Harather, Christopher Schier und Barbara Eder vorstellen?

Eder: Nicht einfach. Florian Gebhardt wollte, dass wir für alles gemeinsam einen Konsens finden. Es gab viele Diskussionen. Das ging bis zur Frage der Wandfarbe der Wache.

STANDARD: Was setzte sich für gewöhnlich durch? Das bessere Argument oder das größte Ego?

Eder: Die größte Ausdauer. Mit Egos kann ich gar nicht. Aber das haben alle schnell gemerkt, und dann war alles wieder gut.

STANDARD: Wie kam es zu dieser Dreierkonstellation?

Eder: Anfangs sollte der Regisseur der niederländischen Originalvorlage die Serie machen. Ich sagte, wir haben tolle Leute hier, und wenn es wirklich darum geht, authentisch die Verbrecherszene abzubilden, müssen solche dabei sein, die Wien gut kennen. Der ORF fand es gut, mit Paul Harather zu beginnen. Er sollte uns mit seiner Erfahrung Sicherheit geben.

STANDARD: Und war das so?

Eder: Ich habe gemerkt, dass es einen gewissen Konkurrenzkampf gibt: Hat die Barbara die bessere Locations? Ich weiß nicht, ob das eine Männerkrankheit ist, aber es wird natürlich verglichen. Ich habe früh gelernt, Nein zu sagen: Wenn ich zufrieden bin, ist es egal, was die andern tun.

STANDARD: Wie haben Sie in der Serie Ihren Stempel hinterlassen?

Eder: Ich mag grundsätzlich die Vermischung von Dokus und Spielfilm. Als wir am Brunnenmarkt drehten, holte ich spontan eine Gruppe junger Türken vor die Kamera. Die Jugendlichen hatten einen Bankraub hinter sich, und natürlich waren sie Kampfsportler. Ich fragte sie, ob sie eine Szene spielen wollen. Das passiert spontan: Ich kreiere eine Situation, die sich ereignen könnte, und drehe ohne Absperrungen und Script. Ich möchte eine Nähe herstellen zum Pflaster Wien.

STANDARD: Welchen Stand haben Regisseurinnen in Österreich?

Eder: Ein Beispiel: Ich gehe bei den Copstories zum Set, das gesamte Team ist da, und einer der Schauspieler kommt auf mich zu und sagt: Schön, dich endlich kennenzulernen, und außerdem finde ich es toll, dass einmal eine Frau Regie führt. Das ist der Stand der Dinge. Mich ärgert das. Ich habe oft genug Angebote für Teeniekomödien abgelehnt. Ich mag Thriller, Krimis, Liebesfilme langweilen mich.

STANDARD: Ist mit den internationalen Erfolgen im Film mehr möglich?

Eder: Es kommt darauf an, wie die Sieger sich in der Politik engagieren. Wir hoffen, dass sich bei den Förderungen etwas tut. Es geht um Geld. Ohne Kohle spielt's nix. (Doris Priesching, DER STANDARD, 2./3.3.2013)