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Frauen haben in der IT-Branche noch immer mit Diskriminierung und Sexismus zu kämpfen.

Foto: AP

Der jüngste Vorfall von Sexismus in der Tech-Community hat einmal mehr bewiesen, dass das Thema in der IT-Branche längst nicht geklärt ist. Wie berichtet, hatten zwei Männer bei einem Vortrag auf der Phyton-Konferen PyCon im Publikum sexistische Witze gemacht. Adria Richards, die die Scherze mitbekommen hatte, hatte daraufhin ein Foto der Männer auf Twitter veröffentlicht, mit dem Kommentar, dass solche Aussagen nicht erwünscht seien. Das resultierte in einem Social-Media-Sturm gegen die SendGrid-Mitarbeiterin. Einer der Männer sowie Richards selbst wurden daraufhin von ihren Arbeitgebern entlassen.

Gehäufte Online-Attacken gegen Frauen

Richards sah sich einer Welle wüster Beschimpfungen bis hin zu einer DDoS-Attacke auf ihren Arbeitgeber und sogar Morddrohungen im Web ausgesetzt. Was Richards passiert ist, ist dabei kein Einzelfall. Auffallend ist, dass es regelmäßig zu solchen Online-Kampagnen kommt, vor allem wenn Frauen derartige Missstände in der IT-Branche kritisieren. Wieso das so ist, versucht die Kommunikationswissenschaftlerin Alice Marwick von der Fordham University zu klären.

Wachsende Männerrechtsbewegung

Ein Grund dafür sei die wachsende Männerrechtsbewegung, die zum Teil Männer einer stärkeren Diskriminierung als Frauen ausgesetzt sehen, erklärt Marwick in einem Beitrag für Wired. Die Bewegung würde vor allem auf stark frequentierten Seiten wie Hacker News oder Reddit wachsenden Zuspruch finden.

Konträre Standpunkte

MännerrechtlerInnen und FeministInnen würden dabei teils vollkommen konträre Standpunkte vertreten. Während es FeministInnen wichtig sei, sexistische Bemerkungen und strukturelle Probleme zu thematisieren, orte die andere Gruppe darin Zensur und ein Aufbauschen harmlosen Verhaltens. Das Einsetzen für Frauenrechte werde von MännerrechtsaktivistInnen oft als Anti-Männer-Kampagnen gedeutet.

Extreme Positionen werden Normalität

Soziologische Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit gleichen Überzeugungen in einer Gruppe zu noch extremeren Positionen übergehen. Das Auftreten von MännerrechtsaktivistInnen in Online-Foren und sozialen Medien würde sich daher verstärken und werde immer öfter als Normalität angesehen. Die Ideologie schwappe aus kleinen Foren zu einer breiteren Öffentlichkeit über.

Unterschiede zwischen Männer- und Frauendiskriminierung

Männer seien in der Gesellschaft zwar ebenfalls Stereotypen ausgesetzt und es gebe oft wenig Möglichkeiten für sie, diese zu thematisieren. Allerdings seien Männer nicht mit dem gleichen Maß an sozialer, rechtlicher und ökonomischer Unterdrückung wie Frauen ausgesetzt.

Gleichstellung "ein Mythos"

Gleichstellung in der IT-Branche ist für die Wissenschaftlerin ein Mythos, der sich vor allem deswegen halte, da es die Vorstellung gebe, dass EntwicklerInnen nur aufgrund ihres Talents Erfolg haben, unabhängig von Herkunft oder Geschlecht. Die geringere Anzahl an weiblichen oder auch afroamerikanischen oder lateinamerikanischen EntwicklerInnen würden MännerrechtlerInnen damit argumentieren, dass diese Gruppen wohl weniger an Technologie interessiert seien.

Witze erhalten strukturellen Sexismus aufrecht

Es bedarf eines Umdenkens in der Tech-Community, dass sexistische Scherze oder "Booth-Babes" keinen Platz mehr in der IT-Branche haben. Auch "harmlose" Witze würde dazu beitragen, den strukturellen Sexismus aufrechtzuerhalten, so Marwick. Dass Richards nach der Veröffentlichung des Fotos auf Twitter gefeuert wurde sowie die Hasskampagne gegen sie, könnte dazu beitragen, dass Frauen vor Kritik zurückschrecken. Die Tech-Community müsse sich daher dafür einsetzen, dass nicht Frauen für den Sexismus gegen sie bestraft werden. (red, derStandard.at, 31.3.2013)