Brüssel - Das Hilfspaket für Zypern hat die Euro-Welt verändert. Spareinlagen gelten nicht mehr als sicher. Neue Rettungsaktionen könnten künftig anders aussehen. Das sorgt für Unsicherheit. Zumal eine Reihe weiterer Krisenländer mit Problemen kämpfen.

Zypern ist vorerst gerettet - doch die Arbeiten auf der Euro-Baustelle gehen weiter. Nach dem Inselstaat dürften andere Staaten wieder in den Fokus rücken. Bei Anlegern und Investoren wird die Verunsicherung anhalten. Zentrale Frage bleibt, ob die Euro-Retter eine Wende in ihrer Strategie vollzogen haben.

Steht das Hilfspaket für Zypern?

Ja, allerdings müssen die Euro-Retter in den kommenden Wochen noch die Details fixieren. So müssen die internationalen Geldgeber das mit Zypern bereits ausgehandelte Abkommen ("Memorandum of Understanding") unterzeichnen. Es enthält unter anderem Sparziele, Privatisierungen, die Anhebung der Körperschaftssteuer von 10 auf 12,5 Prozent und Maßnahmen gegen Geldwäsche. Dies sind die Auflagen im Gegenzug für die 10 Milliarden Euro schwere Hilfe. Zu klären ist auch noch, welchen Betrag der Internationale Währungsfonds (IWF) übernimmt. Nach Schätzungen dürfte dies höchstens eine Milliarde Euro sein.

Wie sieht die Zukunft Zyerns aus?

Düster, sagt EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn. Der Inselstaat muss seinen aufgeblähten Bankensektor bis 2018 auf EU-Normalmaß schrumpfen. Das wird Wachstum und Arbeitsplätze kosten. Ungewiss ist, ob und wie schnell das Mini-Euroland ein neues Geschäftsmodell findet. Die Ratingagenturen drohen der Inselrepublik erneut mit der Abstufung ihrer Kreditwürdigkeit. Experten gehen davon aus, dass Zypern noch länger am Tropf der Geldgeber hängen wird.

Werden künftige Rettungsaktionen nach Zyperns Vorbild ablaufen?

Das ist umstritten. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem betont, falls Banken in Schwierigkeiten geraten, "wird die Antwort nicht länger automatisch lauten: Wir werden kommen und eure Probleme lösen." Sprich: Sparer und Gläubiger müssten für die Sanierung von Banken einstehen - und nicht allein der Steuerzahler. Erstmals wurde dies in Zypern so gehandhabt. Das habe einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen, kritisiert die Ratingagentur Standard & Poor's. Auch wenn Dijsselbloem später zurückruderte und prominente Vertreter der Euro-Zone widersprachen, ist die Diskussion um eine Neuausrichtung der Bankenrettung in vollem Gange.

Was bedeutet das für Anleger?

"Der Nimbus der Sicherheit ist weg", kritisiert Analyst Bernhard Speyer von der Deutschen Bank. Sobald künftig ein Schuldenstaat in Schwierigkeiten gerate und die Debatte über seine Rettung beginne, wüssten die Sparer, dass ihr Geld dort in Gefahr sei. Aus Angst um ihre Ersparnisse könnten sie ihre Konten plündern ("Bankrun"). Der frühere Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker warnte im "ZDF heutejournal": "Wir dürfen nicht den Eindruck geben, als ob Investoren ihr Geld nicht in Europa anlegen sollten. Dies schadet dem Gesamtfinanzplatz Europa." Der Internationale Bankenverband IIF sieht negative Folgen für Banken: "Der neue Ansatz lädt den Banken in schwachen Volkswirtschaften - vor allem Portugal, Spanien und Italien - mehr Stress bei der Kapitalbeschaffung auf."

Will die EU bei Bankpleiten nun immer Großsparer zur Kasse bitten?

Ja. Das sehen zumindest Pläne der EU-Kommission vor, die schon im Sommer verabschiedet werden sollen. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier sagt, "vorrangige Gläubiger und nicht abgesicherte Einleger [sollten] an den Kosten einer geordneten Insolvenz beteiligt werden können." Gesetzlich geschützt seien nur Sparkonten bis 100 000 Euro.

Ist die Gefahr einer Ansteckung für andere Euro-Länder beseitigt?

Sie ist kleiner geworden, aber nicht verschwunden. Dazu war das politische Management der Zypern-Krise nach Ansicht von Kritikern zu schlecht. Zwei Anläufe in zehn Tagen brauchten die Euroretter; zudem gab es Kommunikationspannen und öffentliche Entrüstung von Sparern.

Wie wird es an den Krisenherden weitergehen?

Fünf Euroländer erhalten bereits Hilfsmilliarden: Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Zypern. Alle gelten nach wie vor als Sorgenkinder des gemeinsamen Währungsraums. Denkbar ist, dass Spanien nach Bankenhilfen auch als Gesamtstaat unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen muss. Als nächster Kandidat gilt zudem Slowenien, das laut Prognose der Commerzbank noch in diesem Jahr um Hilfe bitten dürfte. Sorgen bereitet auch Italien, das in einem politischen Patt steckt. Frankreich ist wegen stockender Reformen und hohem Staatsdefizit in den Fokus geraten.

Und wie ist es um andere Bankenparadiese bestellt?

Im Euroraum gibt es weitere Kleinstaaten mit überdimensioniertem Finanzsektor, etwa Malta und Luxemburg. Dort gehe die Angst vor den deutschen "Euro-Polizisten" um, die eine Verkleinerung des Bankensektors fordern, schrieb die "Frankfurter Rundschau". Bisher profitiere Luxemburg davon, dass ausländische Anleger Geld von Zypern dorthin bringen, sagte der Chef des luxemburgischen Bankenverbands ABBL, Ernst Wilhelm Contzen, dem "Handelsblatt": "Offen gesagt: Zypern schlägt uns auf die Butterseite." Anleger schätzten das gute Rechtssystem und die Maßnahmen gegen Geldwäsche: "Wer bei uns ein Konto eröffnet muss sagen, ob er weiße oder grüne Unterwäsche trägt." (APA, 1.4.2013)