Die afrikanische "Zentrale" von Mama Afrika in der Mombasa-Randsiedlung Bamburi beherbergt auch eine Schneiderei.

Foto: Mama Afrika

Mombasa/Wien - Nicht zuschauen, wie ein Kontinent den Bach hinuntergeht: Das war, salopp gesagt, die Motivation von Georg Brandner und Gleichgesinnten, Mama Afrika zu gründen, einen Verein zur Förderung von Unternehmertum und Bildung im Slumgürtel um die kenianische Küstenstadt Mombasa. Sechs Jahre später würde es der Partner einer Grazer Unternehmensberatungsfirma nicht mehr so formulieren. "Es herrscht unglaubliche Dynamik hier", berichtet er vom jüngsten Lokalaugenschein, der in die brisante Zeit nach der Präsidentschaftswahl fiel.

Mama Afrika, das sich aus Spenden finanziert, hat fünf Schwerpunkte: Unterstützung von Frauen und Männern bei der Gründung von Unternehmen; finanzielle Hilfe für Studentinnen und Studenten, um ihnen einen Uniabschluss zu ermöglichen; Berufsausbildung für allein stehende Mütter; Bau und Betrieb einer berufsbildenden Schule; und Förderung einer privaten Krankenversicherung zur eigenverantwortlichen Zukunftssicherung - eine Gruppe von zehn Personen hat sich bereits " selbst" versichert.

Weiterhin "hohe Bettelneigung"

Bei all dem geht es in erster Linie darum, die Selbstverantwortung der Menschen zu stärken. Brandner erinnert sich an ein Schlüsselerlebnis, eine Begegnung mit einem Afrikaner, der in einer NGO arbeitet. "Hört endlich auf, Geld zu schicken, das stützt nur die korrupten politischen Systeme", habe ihm der Mann gesagt. Auf der anderen Seite herrsche in der Bevölkerung nach wie vor "eine sehr hohe Bettelneigung".

Mit seinen bisher mehr als 40 Projekten will Mama Afrika den Menschen helfen, sich eine Existenz unabhängig von der Politik und von Almosen aufzubauen. Für mehr als 50 Personen ist dies schon Realität. Sie können nicht nur auf nachhaltige Art ihren Lebensunterhalt bestreiten, sondern auch daran denken, die Ausbildung ihrer Kinder zu finanzieren.

Lokaler Stützpunkt ist das Mama Afrika Haus in der Mombasa-Randsiedlung Bamburi. Darin sind auch kleine Geschäfte und eine Schneiderei angesiedelt. Weitere Projekte befinden sich, neben Bamburi, in den Randsiedlungen Mtwapa und Shanzu sowie in zwei Dörfern.

"Die besten Pommes frites meines Lebens"

Diesmal besuchte Brandner unter anderem zwei Projekte in Mtwapa: eine Tischlerei, für die Mama Afrika Maschinen finanziert hat, und eine Art Gemischtwarenladen, wo man auch essen kann: "Dort hab ich die besten Pommes frites meines Lebens gegessen." Die zwei bis vier Mitarbeiter der Tischlerei verdienen umgerechnet rund 350 Euro monatlich. Das ist zwar doppelt so viel wie zu Beginn des Projekts, für die Ausbildung der Kinder reicht es wegen der enormen Lebensmittelteuerung - rund 70 Prozent allein 2012 - trotzdem nicht.

Für das 20-köpfige Mama-Afrika-Team ist das ein zusätzlicher Ansporn. Zu den neuen Projekten zählt ein dreimonatiges Ausbildungspraktikum für zwei Kenianeriannen an der Modeschule Graz. Deren Direktorin Barbara Krenn-Schöggl konnte die beiden Frauen während des Lokalaugenscheins bereits auswählen. Schneidern, Design, Materialkunde: Die Fähigkeiten, die sie in Graz erwerben, sollen den jungen Frauen zu Hause den Start in ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, 2.4.2013)