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"Freundschaft" - die SPÖ-Spitze am 1. Mai in Wien.

 

Foto: APA/Punz

Wien - "Gegen Mietzinswucher!", "Für Millionärssteuer!", schreit es von den Plakaten. "Gegen Steuerprivilegien!", "Für ein gerechtes Österreich!", schallt es aus den Lautsprechern. Dazu zehntausende rote Ballons, rote Nelken, rote Tücher. Mittwoch, 1. Mai, im roten Wien. Die Touristen in der Innenstadt knipsen, was das Zeug hält, denn hier ist heute alles rot, wohin das Auge reicht.

An der Tribüne vor dem Rathaus defilieren nicht nur die roten Sektionen sämtlicher Bezirke vorbei, sondern auch die kurdischen Freunde, die bolschewistische Kurkapelle sowie die Rauchfangkehrer der Stadt. Letztere ausnahmsweise schon in Schwarz.

Auf der Tribüne lächeln und wacheln wie jedes Jahr die roten Granden: der Bürgermeister und die Finanzstadträtin sowie der Kanzler, der ÖGB-Präsident und der Chef der Arbeiterkammer. Als sie das Wort erheben, um die Genossen auf die Partei einzuschwören, wird rasch klar, dass der heurige Tag der Arbeit als kämpferischer Auftakt für die Nationalratswahl zu verstehen ist.

Die jüngsten Zahlen für das seit Jahren krisengeschüttelte Europa nehmen die Sozialdemokraten nämlich zum Anlass, vor einer Machtübernahme "der Konservativen", "der Neoliberalen" und von "Schwarz-Blau" zu warnen: mehr als 26 Millionen Arbeitslose, dazu ständig neue Namen Vermögender, die Geld in Steueroasen in Sicherheit gebracht haben.

Schutzheilige Fekter

AK-Chef Rudolf Kaske fordert mehr Respekt für die Arbeitnehmer. "Dazu gehört auch, dass die 69 Millionen Überstunden bezahlt werden!", ruft er in die Menge. "Die Konservativen" würden nur "streichen, kürzen, privatisieren". Stadträtin Renate Brauner peitscht das Publikum weiter auf mehr Gerechtigkeit und Vermögenssteuern ein. "Wir sind viele, wir sind stark, wir sind einig!" Und ÖGB-Präsident Erich Foglar stößt sich an "der höchsten Millionärsdichte" hierzulande.

Dann holt der Bürgermeister gegen die "wild gewordenen Finanzmärkte" und die schwarze Finanzministerin aus, die sich nicht nur gegen das Ende des Bankgeheimnisses stemmt, sondern auch Vermögenssteuern ablehnt: "Maria Fekter soll aufhören, die Schutzheilige der Steuerhinterzieher und Steuerbetrüger zu spielen!", so Michael Häupl.

Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann proklamiert: Ihm sei es wichtig, dass "Österreich an der Spitze im Kampf gegen den Steuerbetrug steht, in der Welt und in Europa". Denn: "Wir sind nicht die Lobbyisten der Steuerbetrüger!" Und auch er wettert Richtung Fekter: "Manche sagen, wir müssen das Bankgeheimnis der Großmutter schützen. Aber ich habe noch keine Großmutter gesehen, die eine Stiftung in Liechtenstein hat und einen Briefkasten in der Karibik!" Nach alledem herrschte aber nur mehr "Freundschaft!". (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 1.5.2013)