Persönliche Sehnsüchte und Sehnsuchtsorte präsentiert Herbert Brandl bei Thoman in Innsbruck: "Ohne Titel" aus dem Jahr 2012 (Öl auf Leinwand, 140 x 300 cm).

Foto: Galerie Thoman / Lena Kienzer, Viktoria Morgenstern

Innsbruck - Schnell weg, sonst glaubt man noch, dass wir das waren, nennt der österreichische Maler Herbert Brandl ein Gemälde aus dem Jahr 2009. Es zeigt einen verschneiten Berg, mit roten Farbspritzern übersät. Als ob ganz in der Nähe des Bildes Blut gespritzt hätte und so der heilige Sehnsuchtsort "Berg" besudelt wurde.

Und ja, nicht unweit, aber immerhin sicher verwahrt liegen in der aktuellen Ausstellung Vulkan, Khyber und Katana drei japanische Langschwerter in einer Vitrine. Denn Herbert Brandl präsentiert in der Galerie Elisabeth und Klaus Thoman in Innsbruck seine persönlichen Sehnsüchte und Sehnsuchtsorte.

Brandl, 1959 in Graz geboren und seit 2004 Professor an der Kunstakademie Düsseldorf, wechselt in den ausgestellten Arbeiten zwischen Naturwiedergabe und Illusion: Graue Berge, aufgetragen mit einem breiten Pinselstrich, sind gelegentlich mit Weiß akzentuiert und setzen sich von einem intensiv blauen Himmel ab; Wolkenformationen entstehen aus lässig aufgetragenen Farbwischern. Und dann sind da abstrakte, gräulich-braun geratene Vulkane des Khyberpasses, die Blut zu spucken scheinen.

Der Künstler, der sich 2010 einer Notoperation unterziehen musste und damals von der Führung der Skalpelle fasziniert war, ist seitdem zu einem Sammler von Messern und seltenen Schwertern geworden. Es handelt sich um sogenannte Katana - ebenjene japanischen Langschwerter -, die durch ihre Falttechnik und das Hämmern des Stahls faszinierende Maserungen an den Seiten aufweisen. Es sind Reflexionen, die Bergsilhouetten und Wolkenformationen gleichen und den lebensgefährlich scharfen Schwertern eine poetische Note verleihen.

Und so ist aus der ehemaligen Notsituation eine künstlerische Tugend geworden: Die visuellen Eindrücke übersetzt Brandl in blutspuckende Vulkane oder sezierte, lang gezogene und sehr schmale Landschaftspanoramen. Damit bündelt er die Sehnsucht nach der Beherrschung der Katana mit der Meisterschaft im malerischen Gestus. Letztere scheint er nun im Camouflage-Look gefunden zu haben: wenn er sich eine Jacke mit Camouflage-Muster anzieht und sich vor den braunen und grünen Farbflecken seiner großformatigen Arbeiten scheinbar auflöst.   (Tereza Kotyk, DER STANDARD, 2.5.2013)