Fliegen inspirierten Forscher zur Konstruktion eines künstlichen Insektenauges.

Foto: University of Illinois and Beckman Institute

London - Kameras arbeiten gewöhnlich nach einem ähnlichen Prinzip wie die Augen von Wirbeltieren und auch des Menschen: Das Licht, das ein Objekt reflektiert, wird von einer einzelnen Linse auf ein lichtempfindliches Material projiziert. Vorteile: hohe Lichtausbeute und Auflösung. Die Augen der meisten Organismen, die auf der Erde leben, jene der Insekten, funktionieren allerdings anders. Ihre Facettenaugen können aus Hunderten voneinander unabhängigen optischen Elementen mit eigenen Linsen und Lichtrezeptoren bestehen. Lichtempfindlichkeit und Auflösung sind zwar weniger gut, sie verfügen über andere Vorteile: hohe Tiefenschärfe und ein ständiger Panoramablick auf die Welt.

Forscher um John Rogers von der University of Illinois verwandelten das Prinzip der Insektenaugen nun auf eine neue Art in Kameratechnik, wie sie in "Nature" beschreiben. Ihr künstliches Facettenauge kombiniert 180 kleinste elastische Linsen - eine ähnliche Anzahl wie bei den Augen von Feuerameisen oder Borkenkäfern - mit deformierbaren Elektronikbauteilen in eine Architektur aus zwei Schichten. Verbunden sind diese nur dort, wo die Linsen die Fotosensoren überlagern. Damit sollen bei Verformungen der sonst unabhängig beweglichen Architektur des künstlichen Auges Bildfehler vermieden werden.

Hohe Tiefenschärfe

Das Licht, das durch die vielen Linsen mit ihren kurzen Brennweiten auf die Sensoren trifft, wird in Bilder verwandelt, die sehr hohe Tiefenschärfe aufweisen: Objekte in unterschiedlichen Entfernungen können damit gleichzeitig und gleich gut betrachtet werden. Die beinahe halbkugelartige Form soll, ähnlich wie bei den Facettenaugen von Libellen, ein Gesichtsfeld von 160 Grad eröffnen.

Anwendung sollen die künstlichen Insektenaugen vor allem in kleinen unbemannten Luftfahrzeugen finden. Die neue Kameratechnik soll den Weg hin zur autonomen Navigation der Drohnen ebnen. (pum, DER STANDARD, 02.05.2013)