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David Kelly ist von seiner Familie vermisst gemeldet worden; er wollte einen Spaziergang machen.

Foto: REUTERS/Stephen Hird
London/Washington - David Kelly, dessen Leiche am Freitag acht Kilometer von seinem Haus nahe Oxford gefunden wurde, galt als Quelle eines umstrittenen BBC-Berichts über angeblich gefälschte Angaben zu der vom Irak ausgehenden Gefahr. Er selbst hat dies allerdings bestritten.

Wie Kellys Frau einem Journalisten mitteilte, sei ihr Mann unter großem Stress gestanden. Er sei "sehr, sehr wütend" über seine Anhörung vor dem außenpolitischen Ausschuss des Unterhauses gewesen. Dort hatte Kelly am Dienstag eingeräumt, mit dem BBC-Reporter Andrew Gilligan gesprochen zu haben.

Manipulation

Gilligan ist der Autor des umstrittenen BBC-Berichts vom 29. Mai. Darin hieß es unter Berufung auf eine nicht genannte Quelle, Alastair Campbell, Kommunikationschef des britischen Premiers Tony Blair, habe für das Irakdossier vom vergangenen September Geheimdienstinformationen manipuliert. Er habe auf der Aussage bestanden, der Irak sei "binnen 45 Minuten" zum Einsatz von biologischen oder chemischen Waffen bereit.

Ein Bericht des Irak-Untersuchungsausschusses hat Blair vom Vorwurf der bewussten Täuschung freigesprochen, ihn aber zugleich gerügt, die Beweislage gegen Saddam Hussein teilweise "falsch dargestellt" zu haben.

Schulterschluss

Stunden bevor Kellys Leiche gefunden wurde, hatten US-Präsident George W. Bush und der britische Premierminister Tony Blair unter dem Druck wachsender Zweifel an ihrer Rechtfertigung für den Irakkrieg mit einem demonstrativen Schulterschluss in Washington ihre Politik verteidigt. In einer von zahlreichen Standing Ovations unterbrochenen Rede vor dem US-Kongress sagte Blair am Donnerstag in Washington, die Geschichte hätte ein Zögern angesichts der vom Irak ausgehenden Bedrohung nicht verziehen.

Bush erklärte im Kongress, er werde niemals zulassen, dass das Leben amerikanischer Bürger vom "Wohlwollen gefährlicher Feinde" abhänge. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus sagte Bush, er "glaube fest daran", dass der gestürzte Staatschef Saddam Hussein versucht habe, sein Atomwaffenprogramm wiederherzustellen. "Ich glaube, wir werden die Wahrheit herausfinden."

Die US-Regierung hat nach einem TV-Bericht trotz Geheimdienstwarnungen auf der umstrittenen Uran-Passage in der Bush-Rede zur Rechtfertigung des Krieges bestanden. Ein Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Robert Joseph, habe den zweifelhaften Hinweis auf angebliche irakische Uran-Käufe in der westafrikanischen Republik Niger unbedingt im Redetext haben wollen, berichtete der US-Fernsehsender MSNBC. Dies habe ein CIA-Agent als Zeuge vor dem Geheimdienstausschuss des Senats ausgesagt. Die CIA habe Joseph bei der Vorbereitung der Rede gewarnt, dass die Informationen fragwürdig seien. Daraufhin habe der Regierungsvertreter vorgeschlagen, sich auf einen Bericht des britischen Geheimdienstes zu beziehen, um an der Behauptung festhalten zu können. (AP, AFP, dpa, Reuters, red/DER STANDARD, Printausgabe, 19.7.2003)