Bild nicht mehr verfügbar.

Jupp Heynckes war in drei Tranchen fast sechs Jahre lang Trainer des FC Bayern München. Nur noch der Pokalsieg gegen Stuttgart fehlt zur besten Saison, die der Verein je hatte. 

Foto: APA/EPA

Berlin/München - Die letzte Trainingseinheit an der Säbener Straße zu München, so versicherte Jupp "Osram" (wegen des oft hochroten Kopfes) Heynckes, hätte ihn nicht wehmütig gemacht. "Da ist man mitten in der Arbeit drin und versucht, Einfluss zu nehmen und zu korrigieren, die Spieler zu animieren und zu motivieren." Das wird Heynckes auch am Samstag (20, ARD) während des Pokalfinales zwischen Bayern München und dem VfB Stuttgart tun. Danach, davon ist unabhängig vom Ausgang auszugehen, wird der 68-Jährige Wehmut empfinden, ja vielleicht sogar weinen.

Schließlich ist das Pokalfinale, das die Saison 2012/13 endgültig als erfolgreichste in der Geschichte des Vereins adeln soll, sein letztes Spiel als Coach des deutschen Rekordchampions. Dem diente Heynckes in drei Tranchen insgesamt fast sechs Jahre lang. Drei Meistertitel, der Gewinn der Champions League in dieser Saison sowie das Erreichen des Finales in der Vorsaison verantwortete Heynckes.

Der fehlende Pokal im Schrank

Der deutsche Pokal, den er als Spieler 1973 mit Mönchengladbach gewann, fehlt dem Trainer Heynckes noch. 1984 unterlag er im Endspiel mit seinen Gladbachern den Bayern nach einem 1:1 im Elfmeterschießen, im Vorjahr gipfelte die Saison der zweiten Plätze für den FC Bayern in einer Berliner 2:5-Finalabfuhr durch Borussia Dortmund.

Es wäre nicht Heynckes, zollte er nicht dem VfB Stuttgart, für den im Finale Österreichs Teamstürmer Martin Harnik beginnen und also öfters auf den Kollegen David Alaba treffen wird, höchsten Respekt. Man wisse, dass die Schwaben keine gute Bundesligasaison hinter sich haben. "Aber wenn man den Kader sieht und weiß, dass sie vor der Saison nur 200.000 Euro investiert haben und jetzt im Pokalfinale stehen, haben sie für mich eine Riesensaison gespielt." Eine Bemerkung wie jene von Bayerns Vorstandsvorsitzendem Karl-Heinz Rummenigge, der nach dem Triumph im Londoner Champions-League-Endspiel gemeint hatte, dass seine Spieler auch mit 1,8 Promille im Pokalfinale alle Chancen hätten, würde Heynckes nie entschlüpfen.

Offene Zukunft

Sein Stuttgarter Kollege Bruno Labbadia ließ sich bewusst nicht von Rummenigge provozieren: "Wir haben doch schon genug Zirkus." Der 47- Jährige, der wie Jupp Heynckes die Chance hat, nach einer Trophäe als Spieler (1990 mit Kaiserslautern) auch als Trainer den Pokal zu holen, flüchtete ob der überragenden Favoritenrolle, die die Bayern auch ohne die an Brasiliens Team abgestellten Dante und Luiz Gustavo einnehmen, in Sarkasmus: "Wir haben überlegt, ob wir überhaupt antreten sollen. Hoch werden wir jedenfalls nicht gewinnen."

Bei einer Stuttgarter Niederlage hinterlässt Heynckes seinem Nachfolger Pep Guardiola eine nicht überbietbare Bilanz. Ob er sich danach tatsächlich mit Gattin Iris und Hund Cando auf seinen Bauernhof im niederrheinischen Schwalmtal zurückzieht, ist fraglich. Gerüchte, Heynckes könnte ein neuerliches Engagement bei Real Madrid reizen, das ihn 1998 nach dem Gewinn der Champions League verabschiedete, wollen nicht verstummen. Festgelegt hat er sich nur darauf, nicht mehr in der deutschen Bundesliga zu arbeiten. Besseres als die aktuellen Bayern kann ihm in der Heimat schließlich nicht geboten werden. (sid, lü - DER STANDARD, 1.6. 2013)