Bild nicht mehr verfügbar.

Strammstehen vor den Fotografen. Insbesondere Kanzler Werner Faymann (3. von links) ramponiere den internationalen Ruf Österreichs und hinterlasse verbrannte Erde, schimpfen Kritiker.

Foto: APA

Wien/Brüssel - Während das Bundesheer am Golan hurtig abrüstet, eskaliert die Lage in der Kampfzone österreichischer Innenpolitik: Seit Tagen wird zwischen Ministerien, Bundeskanzleramt und Präsidentschaftskanzlei politisch scharf geschossen, weil man mit den Vereinten Nationen über die Modalitäten des Rückzuges aus der United Nations Disengagement Observer Force (Undof) auf den Golanhöhen nicht einig wird.

Die UN-Zentrale in New York hat in der Sache zwei Verbalnoten an das Wiener Außenamt geschickt, in denen sie die Republik darum ersucht, ihr erstens Gerätschaften der Österreicher am Golan zu überlassen und zweitens den Abzug der österreichischen Blauhelme bis zum 31. Juli zu strecken, um nachrückenden UN-Truppen mehr Zeit zur Übernahme zu geben. Beidem habe Verteidigungsminister Gerald Klug (mit Unterstützung des Bundeskanzleramtes) trotz hoher Dringlichkeit bisher nicht entsprochen, hieß es am Montag in Diplomaten- und Militärkreisen.

"Das ist Flucht!"

"Es gibt keinen grundsätzlichen Streit über den Abzug. Aber es wurde auch ein geordneter Rückzug beschlossen", erklärt ein hoher Diplomat im Gespräch mit dem Standard, und so wie die Dinge jetzt liefen, sei keine ordentliche Übergabe möglich, Positionen würden wochenlang leerstehen. "Das ist kein geordneter Abzug, das ist Flucht! Und noch dazu ein Rechtsbruch, denn die österreichische Bundesregierung steht der Uno gemäß Truppensteller-Abkommen im Wort. Für die einvernehmliche Suspendierung dieses Abkommens bedarf es der Zustimmung der Vereinten Nationen."

Die ständige Vertretung Österreichs bei den Vereinten Nationen in New York kabelte ihrerseits "Unverständnis", ja sogar "Entsetzen" der Uno über das Verhalten Wiens durch, das nicht mit der "guten Zusammenarbeit Österreichs und der Vereinten Nationen in den vergangenen 50 Jahren vereinbar" sei. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon rief in der Sache dem Vernehmen nach sogar Bundespräsident Heinz Fischer an, um Kooperation einzumahnen. Fischer allerdings fand im Kanzleramt kein offenes Ohr.

"Faymann ist es völlig wurscht, was irgendein Südkoreaner jenseits des Atlantiks will. Mit solchen Aktionen wird unser guter Ruf ramponiert und mit Blick auf die Kleinformate verbrannte Erde hinterlassen", schimpft ein General, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will.

Lücke entsteht

Verteidigungsminister Klug hat sich Anfang Juni auf einen Abzug binnen zwei bis vier Wochen festgelegt. Hintergedanke war, damit auch die dann fällige Rotation frischer Kontingente nicht mehr durchzuführen. Ab dem 26. Juni sollen die letzten Österreicher zurückgeführt werden. Eine wochenlange Lücke bis zum Nachrücken eines Kontingentes von den Fidschi-Inseln wäre die Folge.

Im Verteidigungsministerium kommentiert man die Angelegenheit so: "Wir kümmern uns um die militärischen Dinge, das Außenamt um die diplomatischen. Aber es fehlt dort offenbar an Lust oder Kreativität, die Verhandlungen mit der Uno zu einem guten Abschluss zu bringen", erklärte Ministersprecher Andreas Strobl. "Das ist ziemlich schwach."

Die Kritik, dass durch den kleinlichen innenpolitischen Hickhack der Ruf Österreichs Schaden leide, kann Strobl nicht nachvollziehen. Immerhin halte man ja auch noch im Kosovo oder im Libanon die Fahne hoch. Die Uno dürfe sich überdies nicht all zu sehr beklagen, denn man habe New York seit zwei Jahren darauf hingewiesen, "dass im Einsatzraum etwas aus dem Ruder läuft". Geschehen sei nichts, weder bei der Ausrüstung noch beim Mandat der Undof. Nun ziehe das Bundesheer eben ab, in etwa vier Wochen wie zuvor auch Japaner, Kanadier und die Kroaten. (Christoph Prantner, DER STANDARD, 18.6.2013)