Schwechat - "Wenn's Geld vom Studieren käm, gäb's keine reichen Stockfisch' und keine armen Gelehrten", meint Vincenz, der aufs Studieren pfeift und als kecker Lederhosenhedonist im Gabalier-Look über die Bühne tollt. Valentin Frantsits spielt den Lebemann bei den Nestroy-Spielen in Schwechat mit Bravour, wechselt im Laufe des Stücks mühelos vom Gabalier- ins Falco-Outfit samt gelungener Rap-Einlage.

An Vorlagen für das "Was kost' die Welt - Nach mir die Sintflut"-Motto mangelt es dem Ensemble nicht. Das zeigen auch Vincenz' Dandy-Freunde, die sich als "ure geile" Typen ungeniert dem dekadenten Banausentum hingeben ("Party heut Abend?") und Vincenz schlitzohrig das Geld aus der Tasche ziehen. Der hängt noch immer am Tropf seiner wohlbegüterten Frau Mama und erkennt daran nichts Schlimmes. Ganz anders hingegen sein Vetter und Gegenstück Moritz (Rafael Wieser), der als verbissener Streber vergeblich auf Anerkennung hofft.

1845 uraufgeführt, fiel Nestroys Posse Die beiden Herren Söhne beim zeitgenössischen Publikum durch. "Eine Masse von Gemeinheiten - derb und hässlich", echauffierten sich die Kritiker. Das Stück versank in der Bedeutungslosigkeit, galt als unspielbar. In einer Zeit, in der Generation Praktikum und Rekordjugendarbeitslosigkeit auf Hedonismus und Verschwender-Ethos treffen, muss man aber für die Wiederbelebung des Stücks dankbar sein.

Das Ensemble um Regisseur Peter Gruber wird daher auch nicht müde, am Text zu schrauben, um Die beiden Herren Söhne ins Jahr 2013 zu retten. Vor allem die zahlreichen Couplets (vielseitig Valentin Frantsits) sprechen Aktuelles gnadenlos an: ökonomischer Leichtsinn, Korruption, moralische Verlotterung. Der Banker Ruppich wird in Consultingmanager Raiffeisl umbenannt. Spätestens wenn der Geld-, Waffen- und Immobilienhändler Graf Steinheim feststellt, dass er nur ein einfacher Bauer ist, wird offensichtlich, wer sein Fett abbekommt. Ein wortwörtlicher Knaller: die Jagdszene samt üppiger Jause.

Auch wenn sich Vincenz und der Bedienstete Jakob Balg dem Wein hingeben - Doppler-Kultur wird hier noch hochgehalten -, merkt man die Freude am Spielen. Bei Bruno Reichert als charmant-frechem Bediensteten kommt einem phasenweise der legendäre Hans Moser in den Sinn.

Die beiden Herren Söhne ist wahrlich kein großer Wurf. Dazu fehlt der Komödie etwas der Witz. Dennoch gelingt eine politisch wache Aktualisierung des schwierigen Skandalstücks. (Stefan Weiss, DER STANDARD, 2.7.2013)