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Die Probleme bei Dayli sind hausgemacht, sagen Wirtschaftsforscher. Sie bezweifeln, dass Österreichs Einzelhandel rasch tausende Mitarbeiter auffangen kann.

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In die Verwertung der aufgelassenen Niedermeyer-Standorte kommt Bewegung. Der Immobilieninvestor Jamal Al-Wazzan hat mit Wochenbeginn weitere 25 Filialen übernommen; er hält damit 45 Läden der ehemaligen Elektrohandelskette. Ein Teil werde nun in Flächen für Ketten wie Marionnaud und Tom Tailor umgebaut, sagt er dem Standard. "In die übrigen ziehen Branchen von Mode-über Elektro- und Drogeriehandel bis zu Telekommunikation ein."

An Shops der schwer in der Krise steckenden Handelskette Dayli hat Al-Wazzan, der unter anderem Schöps zerschlug, kein Interesse. "Es gibt hier bis auf die Ware keinerlei verwertbare Assets." Viele Standorte ließen sich allenfalls zu Garagen oder Lagerstätten umbauen. "Es hat keinen Wert für mich."

Dayli läuft die Zeit davon. Der Betrieb wird von der Industrie seit zwei bis drei Wochen nicht mehr beliefert. Morgen läuft die Frist ab, bis zu der Eigentümer Rudolf Haberleitner Zahlungsaufschub von den Lieferanten erbat. Die Gehälter für Juni sind fällig, ebenso Ur­laubsgelder und Zahlungen an Finanz und Krankenkassen. Die seit Wochen angekündigten neuen Investoren sind nicht in Sicht.

Laut Zeitungsberichten, die sich auf Polizeikreise berufen, wurde Haberleitner im italienischen Udine Opfer eines Geldraubs. Ein vermeintlicher Investor habe sich als Betrüger entpuppt und ihm eine Million Euro gestohlen. In Italien stehen 100 der 288 Dayli-Filialen vor der Schließung, da ihnen die Waren ausgehen. Das Ar­beitsministerium in Rom bewilligte 218 der 1500 Mitarbeiter Kurzarbeit.

In Österreich betreffen die Turbulenzen 3000 Beschäftigte, überwiegend Frauen in Teilzeitarbeit und in einem Alter weit über 30. Viele seien am Absprung und weg, sobald sie einen anderen Job gefunden haben, erzählt Handelsgewerkschafterin Margit Pfatschbacher. Mitbewerber wie DM berichten von sehr guten Erfahrungen mit früheren Schlecker-Angestellten. "Für sie ist die Türe auch künftig offen", sagt ein Konzernsprecher.

Die Umsätze in Österreichs Einzelhandel sind seit 2012 rückläufig. Reale Einbußen gab es auch im ersten Quartal – es fehle Dynamik, sagt Jürgen Bierbaumer-Polly vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Im Zuge steigender Arbeitslosigkeit suchten zudem immer mehr Menschen Jobs im Handel – was es erschwere, Verkäuferinnen kriselnder Konzerne aufzufangen. "Es wird Verdrängung geben."

EcoAustria-Leiter Ulrich Schuh führt die Krise bei Dayli weder auf die flaue Konjunktur noch auf generelle Handelsprobleme zurück, sondern auf "nicht funktionierende Geschäftsmodelle und Fehlplanung. Die beste Konjunktur hätte hier nicht geholfen." Der Anstieg der Arbeitslosigkeit sei im Handel niedriger als in der übrigen Wirtschaft. René Tritscher, Spartengeschäftsführer der Wirtschaftskammer, sieht im Handel trotz schwächerer Umsätze stabile Beschäftigung. "Es ist Bedarf an Mitarbeitern da."

Stellt Dayli in den nächsten Tagen kein frisches Geld auf, wollen Lieferanten Konkursantrag stellen. Ein Produzent hofft, dass zumindest 300 der zuletzt knapp 800 Filialen erhalten bleiben. "Teilen sich Bipa und DM den Markt auf, wird es hart für die Industrie." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 2.7.2013)