Graz - "Das ist wirklich diktatorisch", empört sich Otmar Hiebaum, ÖVP-Bürgermeister im steirischen Markt Hartmannsdorf. Hiebaum spricht vom großen Reformprojekt von Landeschef Franz Voves (SPÖ) und seinem Vize Hermann Schützenhöfer (ÖVP), den Gemeindefusionen, die bis 2015 die Zahl der Gemeinden von 539 auf 285 senken sollen.

Er sei seit über 20 Jahren "in der ÖVP und habe noch nie so eine Frustration gesehen", sagt Hiebaum dem Standard. Er und über 120 andere rote und schwarze Bürgermeister, die in einer Gemeindeinitiative gegen Zwangsfusionen kämpfen, wollen Mehrzweckverbände, statt Fusionen.

Schon in 82 Gemeinden gab es Volksbefragungen. Nur in drei gingen sie mehrheitlich für eine Fusion aus. Zuletzt stimmten am Wochenende in Bad Gams, das mit Deutschlandsberg zusammengelegt werden soll, 74 Prozent, und in Stanz im Mürztal 76 Prozent gegen ihre Fusion mit Allerheiligen, Kindberg und Mürzhofen.

Dabei lockt das Land nun sogar mit je 50.000 Euro für Gemeinden, die vor dem 30. September freiwillig fusionieren. Wie viele den Deal annahmen, will man im Büro Voves nicht sagen: "Alles fließt", heißt es, "die Ergebnisse der Volksbefragungen werden aber eine Rolle spielen." Glaubt man Hiebaum, ist man auch gut beraten, die Ergebnisse ernst zu nehmen. Denn nach Zwangsfusionen könne man "niemanden mehr für Wahlkämpfe motivieren".

Im Bezirk Graz-Umgebung drohen bereits ganze Gemeinderatsklubs mit Parteiaustritten. In Regierungsbüros fürchtet man intern, dass "Bürgerlisten aus dem Boden schießen wie die Schwammerl". Besonders viele nervenaufreibende Verhandlungen führt Schützenhöfer: Über 350 Gemeinden sind schwarz regiert.

Im roten Kapfenberg, das 2012 die freiwillige Fusion mit dem roten Bruck ankündigte, ist es mittlerweile still geworden. Nach einer Personalrochade in der Landesregierung folgte Ende 2012 auf die Kapfenberger Bürgermeisterin Brigitte Schwarz der Exlandtagspräsident Manfred Wegscheider. Seither verlaufen die Gespräche mit dem Brucker Stadtchef Bernd Rosenberger eher schleppend.

Dass zumindest die Fusion mit dem kleinen Parschlug vor Oktober beschlossen wird, sieht Wegscheider im STANDARD-Gespräch optimistisch. "Die 50.000 Euro stecken wir in die Infrastruktur von Parschlug", verspricht er. Der Regierung rät Wegscheider, trotz Widerstands hart zu bleiben: "Wenn sie nicht konsequent bleiben, sind die Fusionen ein für alle Mal gestorben. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 2.7.2013)