Wien - "Dieser Gesetzesentwurf ist eine Mogelpackung", protestiert Helmut Burtscher von Global 2000. Bei der Durchsicht des Entwurfes zum geplanten erweiterten Pestizidverbot habe er "Schlupflöcher" entdeckt, mit deren Hilfe das Saatgutbeizen mit bienengiftigen Neonicotinoiden auch weiterhin möglich sein könnte. Auch beim geplanten Verbot der Methode, Getreide kurz vor der Ernte mit Glyphosat totzuspritzen, fanden sich aus Sicht der Umweltschützer "massive Lücken".

Wintergerste von Beizverbot ausgenommen

"Die mit einer Ackerfläche von rund 80.000 Hektar mengenmäßig bedeutsame Wintergerste, die außerdem den höchsten Neonicotinoid-Beizanteil unter den Wintergetreidearten aufweisen dürfte, ist von dem Beizverbot ausgenommen", lautet der erste Vorwurf in einem offenen Brief von Global 2000 und Greenpeace an die Nationalratsabgeordneten.

Dazu kommt, dass das Beizverbot im Gesetzesentwurf auf Lebens- und Futtermittel beschränkt wird. Genau hier ortet Burtscher das größte "Hintertürl", durch das gebeiztes Saatgut weiter in Verkehr gebracht werden könnte: Denn es gibt auch "Energiegetreide", das als Brennstoff eingesetzt wird - auch wenn dieser Einsatz anteilsmäßig eher gering ist. Die Überwachung des Anwendungsverbotes werde dadurch aber deutlich erschwert.

Ausnahmen für Wein- und Obstbau

Nächster Punkt: "Entgegen den ursprünglichen Forderungen von Politik und Umweltschutzorganisationen nach einem Totalverbot der Neonicotinoide sind Spritzanwendungen mit imidacloprid- und thiamethoxamhältigen Pestiziden im Weinbau, im Obstbau und bei zahlreichen Gemüsearten weiterhin erlaubt." Daher wird im offenen Brief ein umfassendes Monitoring gefordert, um mögliche Schädigungen von Bienen und Umwelt durch diesen Einsatz beurteilen zu können.

Beim "Sikkation"-Verbot - also dem Verbot, Getreide kurz vor der Ernte mit dem Pestizid Glyphosat totzuspritzen, um es leichter ernten und lagern zu können - gilt das Gleiche wie bei der Saatgutbeize: Auch hier wird nur der Einsatz beim Getreideanbau für Lebens- oder Futtermittelzwecke untersagt. Ein weiteres mögliches Schlupfloch, argwöhnt Burtscher. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 2.7.2013)