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Eine Firma zu gründen ist meist ein Sprung ins kalte Wasser.

Foto: EPA/KIM LUDBROOK

Morgens die Wellen am Strand an die Küste klatschen hören, abends im Sonnenuntergang eine letzte Schwimmrunde einlegen. So oder so ähnlich klingt der ideale Urlaub für viele. Andere machen daraus ein Geschäft. So wie Stefan Köppl. Der Oberösterreicher hängte nach dem abgeschlossenen Betriebswirtschaftsstudium seinen Job bei einer kleinen Unternehmensberatungsfirma an den Nagel und ging nach Portugal. Eigentlich wollte er da studieren. Das hat er gemacht. In Lissabon lernte er nicht nur seine zukünftige Frau kennen, sondern auch jenen Unternehmer, der zu seinem Mentor werden sollte.

Seit 2008 bietet die Europäische Union das Programm Erasmus für Jungunternehmer an. Für Studierende gehört es schon seit Jahren zum guten Ton, für ein oder zwei Semester in einem anderen Land zu studieren. Das Programm für junge Unternehmer funktioniert genau gleich: Ein paar Monate ins Ausland gehen, um dort Erfahrungen zu sammeln, Kontakte zu knüpfen. Die Vermittlung zwischen reiselustigen Jungunternehmern und Gast-Unternehmen läuft über eine Internet-Plattform der Europäischen Kommission.

Die Wiener Unternehmerin Silvia Payer empfängt seit mehreren Jahren Erasmus-Jungunternehmer aus Europa. Eigentlich ist Payer Unternehmensberaterin, ihre Firma co.systems consulting hat ihren Sitz in einem Altbau im neunten Wiener Gemeindebezirk. Seit über zehn Jahren ist sie selbstständig, quasi seit Beginn des Erasmus für Jungunternehmer-Programms kommen Europäer mit Geschäftsideen zu ihr nach Wien.

Warten auf Francesco

Angefangen hat Payer mit einer Berlinerin, die 2009 nach Wien gekommen war. Im September diesen Jahres soll der vierte Erasmus-Jungunternehmer, Francesco aus Italien, bei Payer aufkreuzen. Wenn alles gut geht. Denn, so Payer, die Anbahnungsphase sei zeitlich sehr aufwändig, Problemchen auf diversen Ebenen sorgen für Verzögerungen. Mit Francesco beispielsweise ist Payer schon seit fast einem Jahr in Kontakt. Eigentlich hätte der Italiener auch schon in Wien sein sollen, nur dann klappte es mit dem Geld in Italien nicht – der sechsmonatige Aufenthalt wurde verschoben.

Stefan Köppls Gast-Unternehmer war selbst ein Österreicher, der sich einige Jahre zuvor in Portugal mit einem Start-up selbstständig gemacht hatte. Ein halbes Jahr lang war Köppl Austausch-Unternehmer. Gelernt habe er, wie er sich in Portugal zurechtfindet, wie man zu Finanzierungen oder Förderungen kommt, und vor allem hat Köppl  die dafür nötigen Menschen kennengelernt.

Nach dem Austausch hat er mit einem portugiesischen Partner sein eigenes Unternehmen gegründet: Indiecampers bietet umgebaute Busse für Individualtouristen in Portugal an. Mit allem Drum-und-Dran, das man für einen Urlaub an der Küste braucht: Surfbrett, Bett und GPS.

Expansion

Seit Februar 2013 existiert die Firma. Das Geschäft läuft gut, man sei bis Ende September ausgebucht, sagt Köppl im Gespräch mit derStandard.at. Derzeit sind es drei Busse, die geneigte Touristen mieten können. Fünf weitere werden umgebaut. Und das im Heimat-Dorf des portugiesischen Partners von Köppl. Im Norden des Landes gelegen wird aus einfachen Bussen die Surfer- Basisstation.

Üblicherweise kommen die Austausch-Unternehmer wieder zurück in die Heimat. Eine Altersgrenze gibt es nicht, Jungunternehmer kann man auch mit 60 sein. Als Voraussetzung gilt nur, dass man maximal innerhalb der vergangenen drei Jahre ein Unternehmen gegründet hat oder in der Gründungsphase ist. Gastgeber-Unternehmen müssen hingegen mindestens drei Jahre im Geschäft sein.

In den Ländern übernehmen die Betreuung von Jungunternehmern und Gast-Betrieben sogenannte Intermediäre. In Österreich gibt es derer fünf, eine davon ist die Junge Wirtschaft der WKO. Um die 80 Austausche wurden bisher organisiert, die Zahl steige stetig, heißt es auf Nachfrage von derStandard.at.

Taschengeld

Das Geld für das Programm kommt von der EU. Nur die Austausch-Unternehmer erhalten einen monatlichen Betrag – ähnlich den Stipendien beim Studenten-Pendant Erasmus. Die Höhe richtet sich nach den Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Gast-Ländern. Den höchsten Betrag von 1.100 Euro kriegt man in Dänemark oder Liechtenstein, die geringsten um die 550 Euro werden in osteuropäischen Ländern bezahlt. Zum Vergleich: Kommt ein Jungunternehmer mit dem Programm nach Österreich, gibt es 900 Euro monatlich. Die Gast-Unternehmer werden finanziell nicht unterstützt.

Payer tut sich das Austauschprogramm dennoch gerne an. "Die kommen nicht zu mir, um für mich zu arbeiten, ich unterstütze sie beim selbstständig werden. Eigentlich bin ich mehr Mentorin als irgendetwas anderes in dem Programm." Business-Pläne werden erstellt, die betreuenden Unternehmen stehen den jungen Kollegen mit Rat und Tat zur Hilfe. Die Wienerin schätzt die internationalen Kontakte, die sie mit dem Programm knüpfen kann. "Außerdem bringen die jungen Menschen neue Idee und einen anderen Zugang zum Unternehmertum mit", so Payer. 

Das hat auch Stefan Köppl dazu bewogen, in Portugal zu bleiben. Auch wenn Behördengänge zu einer Tagesaufgabe werden können. "Man muss sich hier durchkämpfen. Dafür ist man dann der erste auf seinem Gebiet", so Köppl. Mittlerweile hat er eine zweite Firma in Portugal gegründet. (Daniela Rom, derStandard.at, 1.8.2013)