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Silvio Berlusconi wurde höchstinstanzlich zu einer Haftstrafe verurteilt.

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Die Richter beim Urteilsspruch.

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Proteste vor dem Gericht.

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Silvio Berlusconis politische Laufbahn - eine Chronologie. 

Grafik: DER STANDARD

Ganze 15 Gerichtsverfahren hat der politische Überlebenskünstler Silvio Berlusconi unbeschadet überstanden. Das 16. wurde ihm zum Verhängnis. Nach achtstündiger Beratung hat der Oberste Gerichtshof in Rom am Donnerstagabend das Urteil zweiter Instanz zu vier Jahren Haft bestätigt.

Der fünfjährige Ausschluss des Expremiers von allen öffentlichen Ämtern wurde von den fünf Richtern abgelehnt und muss vom Berufungsgericht in Mailand neu definiert werden, weil diese Strafe nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Dafür dürften einige Monate erforderlich sein.

Das Urteil dürfte heftige politische Turbulenzen auslösen und zu einer Zerreißprobe für die Regierungskoalition werden. Von den vier Jahren Haft für Berlusconi fallen drei unter den Strafnachlass von 2006. Das verbleibende Jahr muss Berlusconi wegen seines Alters nicht absitzen, da Verurteilte über 75 nur für Gewaltverbrechen ins Gefängnis kommen.

Der Expremier kann entweder für den Hausarrest in seiner Villa optieren oder Sozialarbeit leisten. Er könnte auch beides verweigern und das Gefängnis wählen, wie er am Wochenende in einem Interview angekündigt hatte: "Ich will sehen, ob sie den Mut haben, mich zu inhaftieren." Gegen Berlusconi dürfte bereits in Kürze ein Haftbefehl erlassen werden, der allerdings vom Immunitätsausschuss des Parlaments abgesegnet werden muss. Auch das Plenum des Senats muss der Verhaftung des Cavaliere zustimmen.

Aus Berlusconis römischem Palazzo, der von der Polizei hermetisch abgeriegelt wurde, waren nach dem Urteil keine Reaktionen zu vernehmen. Die ehemalige Ministerin Mara Carfagna sprach von einem "unverständlichen Handstreich der Justiz". Die lange Beratungsdauer des Höchstgerichts hatte im Lager des Expremiers Optimismus auf eine Annullierung der Strafe geweckt. Beim Wort Annullierung jubelten die versammelten Anhänger des Cavaliere, doch die Definition bezog sich nur auf den Ausschluss von allen öffentlichen Ämtern.

"Politisch tot"

Als Erster bejubelte Beppe Grillo das Urteil: "Berlusconi ist politisch tot und mit ihm der Partito Democratico, dem seine Krücke nun abhandengekommen ist."

Wenige Minuten nach der Urteilsverkündung stellte der sozialdemokratische Parteichef Guglielmo Epifani Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PdL) die Rute ins Fenster: "Es handelt sich um ein Urteil von großer Tragweite, das respektiert werden muss". Man werde keine verfassungswidrigen Aktionen dulden.

Die erste rechtskräftige Verurteilung Berlusconis könnte die ohnedies wackelige Regierung von Enrico Letta kippen und damit zu vorzeitigen Neuwahlen führen. Ob Berlusconi dabei kandidieren könnte, bleibt vorerst ungeklärt, da sein Ausschluss von allen öffentlichen Ämtern vom Mailänder Berufungsgericht neu definiert werden muss.

Mit dem Urteil folgte das Höchstgericht genau der Forderung von Staatsanwalt Antonio Mura, der eine Bestätigung der Urteile aus erster und zweiter Instanz forderte und an Berlusconis Steuerbetrug keine Zweifel aufkommen ließ. Der Ausschluss von öffentlichen Ämtern auf fünf Jahre verstoße jedoch gegen das Gesetz. Berlusconis Verteidiger hatten dagegen für einen vollen Freispruch plädiert. (Gerhard Mumelter aus Rom /DER STANDARD, 2.8.2013)