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Whistleblower wie Edward Snowden sind enorm wichtig, sagt Kainz. Andernfalls würden als geheim deklarierte Informationen und Programme nie ans Tageslicht kommen und den Geheimdiensten weiteren Bedeutungsgewinn ermöglichen.

Foto: Reuters

Im Zuge der Aufdeckung von Prism, Tempora und XKeyscore stellt sich die Frage, ob und wie die NSA in Österreich operiert. Das Innenministerium steht nach Angaben von Johanna Mikl-Leitner nicht in Kontakt mit der NSA und verfügt über keine Informationen. Österreich dürfte aber in vielerlei Hinsicht interessant für den US-Geheimdienst sein. Das Land beherbergt unter anderem die Internationale Atomenergiebehörde und andere UNO-Organisationen. Spionage ist hierzulande grundsätzlich nicht verboten, sofern sie sich nicht gegen inländische Interessen richtet. Der  WebStandard befragte den Datenschutzexperten Georg Markus Kainz vom Verein Quintessenz.

NSA kann Server anmieten

"Die NSA kann in Österreich ganz normal Serverstandorte anmieten", erklärt Kainz. Denn die Organisation sei eine normale Geschäftspersönlichkeit. Auch die Erfassung von Datenströmen im Inland wäre recht leicht realisierbar.

Dafür sei es laut Kainz nämlich nicht notwendig, die Kooperation heimischer Telekom-Anbieter zu suchen oder Mitarbeiter dort einzuschleusen. Es sei ausreichend, wenn der Datenverkehr über eine Leitung beziehungsweise einen Leitungsabschnitt läuft, der sich im Besitz eines US-Unternehmens befinde.

Von US-Recht geschützt

Da amerikanische Firmen auch im Ausland nach US-Gesetzen operieren, gelten für sie Bestimmungen wie jene des "Patriot Act", der die Kompetenzen der Behörden massiv erweitert hat und unter anderem festlegt, dass eine Zusammenarbeit mit Geheimdiensten nicht kundgetan werden darf. Hinzu kommen Geheimgesetze, deren Inhalte nur wenigen Eingeweihten bekannt sind.

Über ein solches Unternehmen kann die NSA schließlich an die Kommunikationsdaten gelangen, diese spiegeln, analysieren und weitertransferieren – ohne dabei formell ein einziges Gesetz zu brechen.

"Keine Schutzmacht mehr"

Kainz fordert eine starke Reaktion Europas auf die jüngsten Affären. "Europa muss souveräner agieren", meint er. "Viele Politiker scheinen noch nicht verstanden zu haben, dass die USA keine Schutzmacht mehr sind." Ein möglicher Schritt wäre seiner Ansicht nach eine Aufkündigung des Safe-Harbor-Abkommens und die Schaffung neuer bilateraler Verträge, um US-Firmen in Europa auch europäischen Gesetzen zu unterstellen.

Auf diesem Wege ließen sich diese Unternehmen verpflichten, in Europa gesammelte Daten auch am "alten Kontinent" zu speichern und zu verarbeiten. Die vom "Guardian" publizierten Präsentationsunterlagen zu "XKeyscore" stammen aus 2008, damals operierte das Programm bereits mit 700 Servern an 150 Standorten. Kainz geht davon aus, dass die Infrastruktur in den vergangenen fünf Jahren dramatisch erweitert wurde.

"Nur NSA baut Rechenzentren in der Wüste"

Kainz beobachtet einen massiven Bedeutungsgewinn der NSA oder des britischen Geheimdiensts GCHQ seitdem die USA in Folge von "9/11" den "Krieg gegen den Terror" ausgerufen haben. Diese Ausbreitung geschah abseits öffentlicher Aufmerksamkeit, immer mehr Informationen – rechtliche Rahmenbedingungen, Kosten und mehr – würden mit dem "Geheim"-Deckmantel vor der Öffentlichkeit versteckt. Gerade deswegen sei die Arbeit von Whistleblowern wie Edward Snowden auch so wertvoll, sagt Kainz.

Die immense Bedeutung, welche die NSA in der US-Politik bereits erreicht hat, sieht man auch an ihren Bauvorhaben. "Facebook und Co. bauen ihre Datenzentren mittlerweile in gemäßigten Klimazonen, weil die Kühlung der Server den größten Kostenfaktor darstellt", so der Datenschützer. "Nur die NSA stampft ein riesiges Rechenzentrum in der Wüste von Utah aus dem Boden." (Georg Pichler, derStandard.at, 01.08.2013)