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Der "letzte Krupp": Berthold Beitz.

Foto: epa/vennenbernd rolf

Kein Zweifel - sie hätten ihm zu Ehren beim Stahlkonzern ThyssenKrupp am 26. September in Essen eine Riesenparty zum Hunderter geschmissen. Denn Berthold Beitz, der bis zuletzt in sein Büro ging, war nicht nur wegen seines hohen Alters eine außergewöhnliche Erscheinung.

Einer der "wichtigsten Männer" der Nachkriegsgeschichte, der "Jahrhundertmann", der "letzte Patriarch", die "Industrie-Legende" - so lauten die Schlagzeilen über jenen Mann, der sechs Jahrzehnte lang die Fäden bei ThyssenKrupp zog.

Zivilcourage

Doch schon zuvor hat Beitz so viel erlebt wie andere in vier Leben nicht. 1913 wird er im Dorf Zemin (im heutigen Mecklenburg-Vorpommern) geboren. Studiert hat er nie, nach der Banklehre steigt er direkt bei einer Hamburger Tochter von Shell ein.

1941 verschlägt es ihn nach Boryslaw (in der heutigen Ukraine), wo jede Menge Erdöl gefördert wird. Beitz erlebt dort die Verfolgung und Deportation unzähliger Juden und beschließt zu handeln. Hunderte kann er retten, indem er sie als unersetzlich für sein als kriegswichtig eingestuftes Unternehmen reklamiert. "Ich musste es einfach tun", sagt er Jahrzehnte später, als er dafür viele Ehrungen bekommt. Und erklärt auch, dass er im hohen Alter noch aus dem Schlaf schreckt, weil er nicht mehr retten konnte.

Maßvoll essen, früh ins Bett

Nach dem Krieg kehrt Beitz nach Hamburg zurück und arbeitet in der Versicherungsbranche. 40 Jahre alt ist der charmante Sonnyboy, als ihm 1953 der Job seines Lebens angeboten wird. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, der letzte Alleininhaber des Essener Stahlriesen Krupp, macht ihn zum "Generalbevollmächtigten".

Das Unternehmen wird in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, nach Krupps Tod (1967) geht das Firmenvermögen in eine Stiftung über. Als Vorsitzender des Kuratoriums wacht Beitz bis zu seinem Tod über das Vermögen des größten Einzelaktionärs.

"Es wäre Schönfärberei, hier nur Erfolgsgeschichten zu erzählen", sagt Beitz 2011 beim 200-jährigen Firmenjubiläum. Ende der Sechzigerjahre etwa übernimmt sich der Konzern bei seinem Expansionskurs und braucht Staatshilfe. Nach der Fusion mit Thyssen (1999) verschlingen Stahlwerke in Brasilien Milliarden.

Als Altersrezept bezeichnete Beitz einmal die Verantwortung für Krupp. Aber auch: "Nicht trinken, nicht rauchen, maßvoll essen, früh ins Bett." (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 2.8.2013)