Laut DNA von 1204 Sarden (im Bild ein traditioneller Fischer) lebte "Y-Chromosom-Adam" vor 180.000 Jahren.

Foto: Gianluca Dedola

Washington/Wien - Für Kreationisten, also Anhänger der biblischen Schöpfungsgeschichte, ist die Sache klar: Der Mensch - oder besser: Adam und Eva - wurde genau 4004 Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung von Gott erschaffen und lebte damals unter anderem zeitgleich mit Tyrannosaurus Rex. Diese Version der Menschheitsgeschichte kann man unter anderem im Creation Museum in den USA bestaunen.

Für die Wissenschaft ist die Frage nach der "Urmutter" und nach dem "Urvater" der heutigen Menschheit sehr viel schwieriger zu beantworten, aber nicht unlösbar. Ausgangspunkt sind zwei geschlechtsspezifische Besonderheiten des Erbguts: Die DNA in den Mitochondrien (mDNA), also den Kraftwerken der Zellen, wird ausschließlich von den Müttern auf ihre Kinder vererbt, und das Y-Chromosom ausschließlich von Vätern auf die Söhne.

Vergleicht man an heute lebenden Menschen die Variationen in der mDNA und jene des Y-Chromosoms, dann lässt sich zurückrechnen, wann jene Frau und jener Mann gelebt haben müssen, die dem jeweiligen Erbgutteil die entscheidende Gestalt gaben.

Ursprung vor 99.000 bis 200.000 Jahren

Bisher ging die Forschung davon aus, dass die "mitochondriale Eva" sehr viel älter sei als der "Y-chromosomale Adam". Doch nun kommen zwei Studien im Fachblatt "Science" zu einer neuen Schätzung, die vermuten lassen, dass unsere Urelternteile etwa zur selben Zeit lebten: Genetiker um Carlos Bustamante von der kalifornischen Stanford-Universität errechneten nach vergleichenden Genomanalysen von 69 Menschen aus neun verschiedenen Regionen des Planeten, dass unser "Urvater" irgendwann vor 120.000 bis 156.000 Jahren in Afrika gelebt haben muss und unsere "Urmutter" vor 99.000 bis 148.000 Jahren.

Zu einem noch höheren Alter für "Y-Chromosom-Adam" kamen italienische Forscher mit einem etwas anderen DNA-Sample: Das Team um Paolo Francalacci kam bei DNA-Vergleichen von 1204 männlichen Bewohnern der Insel Sardinien zum Schluss, dass alle väterlichen Linien vor 180.000 bis 200.000 Jahren auf einen Punkt zusammenliefen. (tasch, DER STANDARD, 02.08.2013)