Großes Lob für die Behörden des demokratischen und menschenrechtlichen Musterlandes Pakistan! Von schwerem Mitleid mit jenen Landsleuten ergriffen, die, vielleicht in patriotischer Verblendung, die Heimat bei Nacht und Nebel verließen und dafür monatelang in christlichen (!) Einrichtungen der österreichischen Bundeshauptstadt schmachten mussten, haben sie, ohne dazu von irgendeiner Seite gebeten worden zu sein, großzügig Heimreisezertifikate ausgestellt und damit ein schönes Beispiel angewandter Humanität geliefert. Allahu akbar! soll die österreichische Innenministerin geseufzt haben, als ihr die Nachricht überbracht wurde, natürlich nur leise im Kreise ihrer Abschieber, um den an der Copacabana in der Menge badenden Kardinal nicht vollends gegen sich aufzubringen.

Die Wahl zur Miss Caritas wird sie so nicht gewinnen, aber es ist ja auch eine andere Wahl, die sie bei ihrem Seufzer im Auge hatte. Nein, beileibe nicht jene, an die Sie nun vielleicht denken, sondern die Wahl zwischen dem Trennungsschmerz, den die Heimreise der Zertifizierten in ihr empfindsames Herz senken musste, und den Wonnegefühlen, die den österreichischen Bürokraten durchfluten, wenn er sich darauf ausreden kann, es sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Nicht leicht hat sie sich für Letzteres entschieden, wie es sich für die Vertreterin einer Partei geziemt, die sich vor allem der Tradition verpflichtet weiß. Unter dem Motto "Alles geprüft und erwogen" wurde hierzulande schon ein Weltkrieg in Gang gesetzt, da sollte sich doch ein Kirchenfürst nicht aufpudeln, wenn ein paar Asylsuchende in Richtung ferne Heimat auf Trab gebracht werden, sondern das Werk der hohen Behörde segnen, wie einst seine Vorgänger die Waffen.

Wer aber dem schmutzigen Verdacht anhängt, die Innenministerin könnte bei der korrekten Ausübung des Zertifizierungsvollzugs vielleicht doch eine andere Wahl mitgedacht haben, wird umso mehr die Umsicht der pakistanischen Schwesterbehörde preisen, deren Amtsschimmel monatelang schwieg, ehe er dann punktgenau den hiesigen Endspurt Richtung 29. September einwieherte. Das ging wiederum nicht ohne Amtshilfe von österreichischer Seite, gelangte doch schon im März eine Fact-Finding-Mission des Innenministeriums in Pakistan unter anderem zu der Erkenntnis, dass man am Markt in Islamabad problemlos einkaufen kann.

Als die pakistanischen Behörden das erfuhren, konnten sie nicht mehr anders. Schon ein flüchtiger Lokalaugenschein zwischen dem Naschmarkt in Wien und dem Markt in Islamabad ergab, dass von einem problemlosen Einkaufen hier für ihre Landsleute keine Rede sein konnte. Glückliches Islamabad! Schon aus humanitären Erwägungen konnte die Innenministerin gar nichts anderes tun, als den Heimreisezertifikaten zu entsprechen. Grausam die Zwänge, denen ein österreichischer Amtsträger ausgesetzt sein kann! Da war es ein Trost, dass nach Monaten urplötzlich der Verdacht auftauchte, Schlepper hätten sich als Asylwerber getarnt. So dürfen wenigstens einige dableiben.

Das sollte es auch der SPÖ erleichtern, den Schmerz der Innenministerin zu teilen. (Günter Traxler/DER STANDARD, 2.8.2013)