Salzburg - Kaum eine Gehminute vom Epizentrum der Festspiele, ganz nahe der Felsenreitschule und dem Mozarthaus, ist von Hektik nichts mehr zu spüren. Auch kein telefonierender Intendant Alexander Pereira ist sichtbar; kein Kette rauchender Theaterchef Sven-Eric Bechtolf. Der Schwerpunkt Salzburg Contemporary, vielfach in der Kollegienkirche beheimatet, wird im sommerlichen Trubel mitunter zur unaufgeregten Oase mit der Zielrichtung, Zeitgenössisches zu vermitteln.

Auch wenn man die Moderne bei den Festspielen nicht verstecken soll und es auch nicht tut (u. a. wird Perkussionist Martin Grubinger am Samstag in der Felsenreitschule auch eine Neuheit von Friedrich Cerha uraufführen): Es haben kontemplative Räume wie die Kollegienkirche durchaus einen besonderen Charme. Da kommt plötzlich Komponist Harrison Birtwistle wortlos auf die Bühne und setzt sich mit ernster Miene hin, während das Klangforum Wien - quasi unsichtbar im Raum verteilt - seine filigran-meditative Miniatur Tombeau in memoriam Igor Strawinsky durch den halligen Raum schickt.

Der Komponist als Hörskulptur seiner eigenen Klänge - das hat in so einem überschaubaren Rahmen noch unmittelbarere Wirkung. Zumal Raum und Werkcharakter hier ideal zusammenschmolzen. Bei Cortege, wo sich fast alle der 14 im Halbkreis postierten Musiker nacheinander solistisch an die Rampe begaben, war das leider weniger der Fall. Hier überlagerten die unruhigen Ensembleflächen zu sehr die individuellen Statements. Da wird der hallige Charakter der Kirche doch zum Nachteil.

Ein bisschen war dies auch bei Secret Theatre der Fall, wobei Dirigent Sylvain Cambreling das gerne stoßartig vorwärtsdrängende Werk durchaus mit Energie auflud. Beeindruckend jedoch 9 Settings for Celan für Sopran, Klarinette, Viola, Cello und Kontrabass: Claron McFaddens klare und vibratofrei agierende Stimme erwies sich als höhensicherer Advokat der lyrischen Celan-Vertonungen. Zumeist mit langen Tönen arbeitend (punktuell melismatische wie gesprochene Passagen), vermittelte das Stück mit Interpretenhilfe den subtilen Umgang Birtwistles mit Texten ideal. (Ljubisa Tosic, DER STANDARD, 2.8.2013)