Nur noch Passivhäuser zu bauen - wie jene auf dem Innsbrucker Lodenareal-, will Tirols Wohnbaulandesrat Johannes Tratter den Bauträgern nicht vorschreiben.

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Wohnbaulandesrat Tratter will keine Passivhausverpflichtung in Tirol.

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Für Johannes Tratter, Wohnbaulandesrat in Tirol, wäre eine Zweckbindung für die langfristige Finanzierung der Wohnbauförderung erstrebenswert. Den Sonderzuschuss des Bundes will er allerdings "kritisch hinterfragen", sagte er zu Martin Putschögl

STANDARD: Erstmals sind in Tirol Wohnbauförderung, Raumordnung und Baurecht in einer Hand. Wie sehr hilft das bei der Umsetzung von Reformen?

Tratter: Wohnen ist ein gutes Beispiel dafür, dass man gesellschaftlichen Herausforderungen durch isoliertes Herangehen nicht gerecht wird. Der Weg zum leistbaren Wohnen erfordert ein Zusammenspiel vieler Bereiche und ihrer Akteure. Ich sehe daher die Bündelung relevanter Ressorts sehr positiv und erkenne wertvolle Synergien, zum Beispiel durch das Zusammenwirken von Wohnbauförderung und Bodenfonds sowie örtlicher und überörtlicher Raumordnung.

STANDARD: Die Stellplatzverordnung wurde kürzlich entschärft. Was kommt als Nächstes?

Tratter: Zur Klarstellung möchte ich anmerken, dass für Stellplatzverordnungen die Gemeinden zuständig sind. Mir ist es wichtig, Baukosten bereits im Vorfeld zu senken, denn hohe Baukosten schlagen sich in hohen Kosten fürs Wohnen nieder. Gleichzeitig soll der hohe Sicherheits- und Qualitätsstandard erhalten werden. Es gilt, praxisgerechte Kompromisse zu finden, etwa über Anpassungen bei technischen Bauvorschriften. Es gibt in einigen Bereichen Spielraum, um die Kostenentwicklung als Folge immer höherer und zum Teil überzogener Forderungen einzudämmen.

STANDARD: Klaus Lugger, Chef der Neuen Heimat Tirol, will weiterhin Passivhäuser bauen, solange die Mehrkosten gefördert werden. Unterstützen Sie ihn dabei?

Tratter: Persönlich vertrete ich den Standpunkt, dass nicht ausschließlich und verpflichtend Passivhäuser realisiert werden müssen. Tirol setzt auf Wahlfreiheit und bietet für die verbesserte Ausführung der Gebäudehülle attraktive Förderungen an.

STANDARD: Sind Sie für Zweckbindung der Wohnbauförderung?

Tratter: Das fällt grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich des Bundes und ist im Kontext des Finanzausgleichs zu betrachten. Der Vorschlag der Zweckbindung ist vor allem dann von Bedeutung, wenn ein Land nicht ausreichend Mittel für die Wohnbauförderung zur Verfügung stellt. Das war in Tirol in den vergangenen Jahrzehnten nie der Fall. Ich bin aber der Meinung, dass eine Zweckbindung für die langfristige Finanzierung der Wohnbauförderung erstrebenswert wäre.

STANDARD: Tirol hat 2011 und 2012 jeweils weniger als 2500 Wohneinheiten gefördert. Um zusätzliche Bundesmittel zu lukrieren, müssten heuer mehr als 2900 Einheiten zugesichert werden.

Tratter: Tirol hat im Durchschnitt der letzten fünf Jahre 2760 Wohnungen pro Jahr gefördert. Das Angebot des Bundes ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings führt diese Aktion in Tirol nicht zum gewünschten Ziel, da der Bundeszuschuss eine Steigerung der Ausgaben über das Niveau der Jahre 2006 bis 2011 und eine Erhöhung der Anzahl zugesicherter Wohnungen voraussetzt. Tirol wird somit für seine überdurchschnittlichen Wohnbauleistungen der vergangenen Jahre bestraft. Das Sonderwohnbauprogramm des Bundes ist daher aus meiner Sicht kritisch zu hinterfragen. (Martin Putschögl, DER STANDARD, 21.9.2013)