Bild nicht mehr verfügbar.

"Wenn es etwas zu verbergen gibt, dann ist es gut und richtig, wenn es an die Öffentlichkeit kommt", sagt Holzinger.

Foto: APA/Fohringer

Daniela Holzinger war die einzige Abgeordnete der SPÖ, die in der Sondersitzung des Nationalrats zur Hypo-Causa am Montag für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses stimmte. Sie setzte sich damit über die Koalitionsräson hinweg, einander nicht zu überstimmen. "Bevor man als Vertuscherpartei abgestempelt wird, ist der Koalitionsbruch das geringere Übel", sagt Holzinger. Im Gespräch mit derStandard.at verlangt sie einmal mehr die Einsetzung eines U-Ausschusses ab Herbst: "Was in der Wirtschaft die Qualitätskontrolle ist, ist in der Politik der U-Ausschuss." Außerdem fordert sie die SPÖ auf, sich für die Umsetzung eines Parteitagsbeschlusses starkzumachen, wonach der U-Ausschuss Minderheitenrecht werden soll.

derStandard.at: Sie haben als einzige SPÖ-Abgeordnete für die Einsetzung eines U-Ausschusses zur Hypo-Causa gestimmt. Warum?

Holzinger: Ich bin Bezirksvertreterin. Für mich ist es wichtig, dass ich die Meinung der sozialdemokratischen Basis im Bezirk auch in Wien im Parlament vertrete. Bei uns ist die Stimmung sehr aufgeheizt. Die Leute sind der Meinung, dass der Eindruck entsteht, wir hätten etwas zu verbergen, wenn wir als Regierungspartei den U-Ausschuss ablehnen. Jene, die das Desaster eigentlich verursacht hat, also die FPÖ, sagt jetzt, sie will die totale Aufklärung. Aber ich will nicht, dass das Loch, das die FPÖ in Kärnten geschaufelt hat, zum Grab der SPÖ wird.

derStandard.at: Vielleicht gibt es ja doch etwas zu verbergen?

Holzinger: Wenn es etwas zu verbergen gibt, dann ist es gut und richtig, wenn es an die Öffentlichkeit kommt. Alle Vorgänge müssen lückenlos aufgerollt werden, es müssen daraus politische Schlüsse gezogen werden.

derStandard.at: Sind die Leute in Vöcklabruck die Einzigen, die so aufgebracht sind? Oder haben Ihre Kollegen im Nationalrat, die gegen die Einsetzung des U-Ausschusses gestimmt haben, die Basis einfach ignoriert?

Holzinger: Die Leute sind nicht blöd. Sie haben ein Bauchgefühl, und das sagt ihnen: Hier ist etwas faul. Dieses Bauchgefühl dürfen wir nicht befeuern, indem wir die Aufklärung im Rahmen eines U-Ausschusses verhindern. Wir müssen jene Partei sein, die rausgeht und sagt: Verursacht wurde das Debakel durch Kärnten und den Landeshauptmann Haider.

derStandard.at: Und Ihre Abgeordnetenkollegen sehen das nicht so?

Holzinger: Im Klub gibt es einige, die das so sehen wie ich. Aber es gibt das Koalitionsübereinkommen mit der ÖVP. Würde die SPÖ die ÖVP überstimmen, würde es eventuell zu einem Koalitionsbruch kommen. Als ich im Parlament für den Antrag der Grünen stimmte, rief ein schwarzer Abgeordneter: Das ist Koalitionsbruch. Ich denke, man hofft, dass man es irgendwie schafft, die ÖVP zu überzeugen.

derStandard.at: Was wäre denn das geringere Übel? Der Koalitionsbruch oder das Stigma, die SPÖ habe das Hypo-Debakel mitverschuldet?

Holzinger: Bevor man als Vertuscherpartei abgestempelt wird, ist der Koalitionsbruch das geringere Übel. Lieber bin ich als Sozialdemokratie in der Oppositionsrolle und schaue, dass Offenheit und Klärung hergestellt wird.

derStandard.at: Wurden Sie vom Klubchef für Ihr Abstimmungsverhalten gerügt?

Holzinger: Nein, bisher gab es keine Rüge. Ich gehe auch nicht davon aus, weil Klubobmann Schieder verschiedene Meinungen respektiert. Ich habe bereits in der Klubsitzung gesagt, wie ich dazu stehe. Ich beanspruche nicht für mich, dass ich mich in dieser Materie allumfassend auskenne. Ich setze mein ganzes Vertrauen in unsere Finanzexperten im Klub, und ich werde mich auch für ihre Lösung einsetzen. Aber ich verlange, dass es danach, etwa im Herbst, einen Ausschuss gibt. Was in der Wirtschaft die Qualitätskontrolle ist, ist in der Politik der U-Ausschuss.

derStandard.at: Wäre der U-Ausschuss Minderheitenrecht, gäbe es spätestens seit gestern einen Beschluss dafür. Soll der U-Ausschuss Minderheitenrecht werden?

Holzinger: Ja, der U-Ausschuss muss Minderheitenrecht werden. Es gibt einen entsprechenden Beschluss der Bundespartei. Ich denke, es ist unsere Verantwortung, dass wir diesen Basisbeschluss umsetzen. In Vorarlberg ist es seit kurzem möglich, dass jede Fraktion einen U-Ausschuss pro Legislaturperiode einberuft. Genau das brauchen wir für Österreich auch. Wenn es die Angst ist, dass der U-Ausschuss eine Showbühne oder ein Tribunal wird, dann hätte man jetzt die Gelegenheit, die Geschäftsordnung entsprechend zu reformieren.

derStandard.at: Sie gestalten Ihr Mandat offenbar recht frei von Klubzwängen. Sie hatten eine Vorgängerin, auch aus Oberösterreich, Sonja Ablinger, die das freie Mandat auch sehr ernst genommen hat. Jetzt sitzt sie nicht mehr im Nationalrat. Befürchten Sie nicht, dass Ihre Karriere als Abgeordnete nach dieser Legislaturperiode schon wieder vorbei ist?

Holzinger: Ich wurde gewählt, damit ich die Meinung von Menschen in meinem Bezirk umsetze. Wenn ich nur daran denke, was ich tun muss, damit der Klub mich gern hat, dann kann ich diese Anforderungen nicht erfüllen. Mir ist es wichtig, sozialdemokratische Politik zu machen. Frau Ablinger war auf einer Landesliste, ich bin Bezirkskandidatin. Mich stellen die Leute aus dem Bezirk auf.

derStandard.at: Sie haben ein eigenes Grundsatzprogramm verfasst. Darin heißt es, es braucht eine Reform des repräsentativ-demokratischen Systems. Was meinen Sie damit?

Holzinger: Für mich ist es entscheidend, dass die einzelnen Abgeordneten einen höheren Stellenwert haben, dass sie mehr Mitsprache haben. Die Hürde zum Eintritt in den Nationalrat soll außerdem niedriger werden. Die Leute sollen verstärkt die Möglichkeit haben, sich über Volksentscheide einzubringen.

derStandard.at: Sie haben sich auch darüber beschwert, dass die Abgeordneten zur Causa Hypo nur sehr dürftig informiert wurden. Wissen Sie mittlerweile mehr?

Holzinger: Bis vor wenigen Tagen hatte ich nicht mehr Information, als in der Zeitung steht. Ich habe dann mehr Informationen eingefordert, die wir schließlich auch erhalten haben. Es kann zu Kosten für den Steuerzahler von kolportierten 13 bis 19 Milliarden Euro kommen. Bei einem derart wichtigen Thema müssen alle Abgeordneten bestens informiert sein. Wir sind es, die draußen den Kopf hinhalten müssen und rechtfertigen, was beschlossen wurde.

derStandard.at: In Ihrem Blogeintrag haben Sie von einem Multiorganversagen der Republik gesprochen. Was meinen Sie damit?

Holzinger: Es gibt so viele offene Frage zur Causa Hypo. Haben die Kontrollinstanzen versagt? Oder hat die Politik auf die Kontrollinstanzen nicht gehört? Es ist auch nach der dürftigen Anfragenbeantwortung durch Vizekanzler Michael Spindelegger nicht durchschaubar, wer hier versagt hat. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 18.2.2014)