Klar ärgert man sich, wenn die Flasche Wein, die man zur Feier des Tages geöffnet hat, korkt.
Aber auch die anderen Verschlüsse sind, wie man jetzt weiß, nicht ohne Tücke.

Foto: Matthias Cremer

In der Fachwelt ist er seit Jahren ein vielbesprochenes Thema: der Drehverschluss für Weinflaschen. Auch in Österreich steigt sein Anteil rapide - mehr als die Hälfte aller heimischen Weine werden inzwischen als "Schrauber" abgefüllt. Damit rangiert Österreich hinter Neuseeland, Australien und der Schweiz an vierter Stelle unter den namhaften Weinbauländern. Den Konsumenten, Wirten und Wiederverkäufern wird man nicht müde zu erklären, dass der schraubbare Aluminiumverschluss mit seinem dichtenden Plastikring das Beste ist, was allen Beteiligten passieren konnte. Denn Weine, die auf diese Art luftdicht verschlossen sind, werden nicht nur von lästigem Korkgeschmack, sondern auch von ärgerlicher Oxidation verschont.

Gegner des metallenen Stöpsels stellt man hingegen oft als Romantiker oder weltfremde Ästheten hin, denen Äußerlichkeiten und Rituale wie das Zelebrieren des Entkorkens eines guten Tropfens wichtiger seien als die Qualität des Weines - was sie wiederum als Weinkenner und -genießer disqualifiziere.

Gegner des Schraubverschlusses

Doch ganz so simpel ist die Sachlage wohl doch nicht: Es gibt sehr wohl kompetente Gegner des Schraubverschlusses. Diese weisen in der Regel darauf hin, dass Weinflaschen seit mehr als 200 Jahren ohne die absolute Luftdichte, die von den Drehverschlüssen garantiert wird, ausgekommen sind. Sie gehen sogar so weit zu behaupten, dass es im Gegenteil der anaerobe, also sauerstofffreie Zustand sei, der den Weinen zusetze und ihren Geschmack während der Alterung beeinträchtige.

Will man all dem auf den Grund gehen, findet man sich schnell im Kreuzfeuer von echten und selbsternannten Chemikern wieder und wird mit Studienergebnissen und Formeln bombardiert, die aus jedem Genuss- einen Frusttrinker machen können.

Greifbarer als die chemischen Verbindungen und Reaktionen, Moleküle und Thiole, Oxidationen und Reduktionen sind da schon die Umweltargumente der Drehverschluss-Gegner. Laut einer Studie der renommierten Unternehmensberater von Price Waterhouse Cooper sind Drehverschlüsse für einen 24-mal größeren CO2-Ausstoß verantwortlich als Naturkorken.

Stöpselspezialisten

Wie unabhängig Studien wie diese sind, ist wie immer schwer zu sagen. Die beiden Lager der Stöpselspezialisten bezichtigen einander jedenfalls gerne gegenseitig, im Sold der Kork- beziehungsweise Aluminium-Industrie zu stehen.

So augenscheinlich umweltschonender der Naturstoff Kork auch ist: Strapazieren sollte man das Argument nicht. Denn seit einiger Zeit werden auch Stimmen laut, die die Ökobilanz der täglich um den Erdball geschifften Weinflaschen kritisieren - daneben wirkt jene der Verschlüsse wie der Abdruck eines Mausefußes. Wollte man ökologisch konsequent handeln, müsste Wein nur noch in Fünf-Liter-Gebinden wie dem "Bag-in-the-box"-System verkauft werden. Was die Diskussion über den Verschluss zwar beenden, von den Streitparteien aber kaum gewollt sein dürfte. (Georg Desrues/Der Standard/rondo/01/04/2010)