Es ist eine Weltmeisterschaft der unangenehmen Entscheidungen, und das nicht nur auf dem Spielfeld, sondern vor allem vor dem Fernseher.

Foto: Der Standard

+++Pro
Von Christoph Winder

Fragen Sie nur die Franzosen oder die Italiener: Es ist eine Weltmeisterschaft der unangenehmen Entscheidungen, und das nicht nur auf dem Spielfeld, sondern vor allem vor dem Fernseher. Das Match Deutschland gegen Ghana verfolgte ich zum Beispiel unschlüssig zwischen ORF und ARD hin- und her-zappend: Für den ORF sprach, dass der wenigstens die halbe Phonstärke der nervzerrenden Vuvu-Tröten ausfiltert, während ich andererseits natürlich bei einem solchen Match den patriotisch aufgeganselten deutschen Nationalkommentator seinem eher indifferenten österreichischen Kollegen vorziehen muss. Dafür ist allerdings der Preis eines infernalischen vuvuesken Dauerbeschalltwerdens zu entrichten. Daher also: einmal hin zum ORF, einmal her zur ARD, und dann wieder zurück - kurzum: eine akustisch motivierte Endlos-Zapperei, die selbst das friedfertigste Ohr narrisch macht. Dann doch lieber gleich ein entschlossener Fingerdruck auf die Lautlos-Taste. Auch ein tonloses Flimmern hat seine - bescheidenen - Reize.

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Contra---
Von Michael Simoner

Ja ja, stimmt schon. Es gibt TV-Kommentatoren, die Stuss reden. Und auch die anfänglich ungefiltert übertragene Vuvuzela-Klangwolke war nix fürs feine Gehör. Aber deswegen gleich ganz auf den Sound der Weltmeisterschaft verzichten? Dann schon lieber auf das Bild. Denn im Fernsehen gibt es eigentlich nichts zu sehen, was sich nicht auch erzählen ließe. Oder bejubeln, wie Edi Finger senior anno dazumal fürs Radio bewiesen hat. Es ist zum Narrischwerden, dass diese hohe Kunst der mitreißenden Äthersportreportage völlig ausgestorben ist. Was man auch im TV versäumen kann, wenn Fußball ohne Ton läuft, hat Hans Huber bei Israel - Österreich 2001 eindrucksvoll demonstriert. Während die Kamera das eher fade Spielfeld nach dem Schlusspfiff filmte, lief die Stimme aus dem Off zur Höchstform auf: "Mich hat gerade, ich weiß, es ist für Sie völlig uninteressant, aber mich hat eine Orange eben auf den Kopf getroffen. Es ist für Sie völlig wurst, das weiß ich, zu Hause, ich möchte es Ihnen aber nur sagen." Mehr ist nicht zu sagen. (Der Standard/rondo/02/07/2010)