Brille von Martin Mic für Schau Schau.

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Stuhl "Leslie" von Soda Designers für Wittmann.

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Service von Marco Dessi für Augarten.

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Tischleuchte von Nin Prantner u. Thomas Kirchgrabner.

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Becher von Gregor Eichinger für J. & L. Lobmeyr.

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Schmuck von Sebastian Menschhorn für A. E. Köchert.

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Frankfurter Würstl, das Kaffeehaus, der dazugehörige Zeitungshalter, Otto Wagner oder ein Kristallluster. So lauteten vergangene Woche hier im RONDO die zum Teil staubigen Antworten internationaler Designkapazunder auf die Frage, was denn typisch wienerisch sei.

Dass es auch anders, nämlich mit Staubwedel geht, zeigt die Initiative "Wien Products", die ab heute insgesamt elf Produkte präsentiert, welche allesamt von heimischen Gestaltern in Zusammenarbeit mit Wiener Traditionsbetrieben realisiert wurden. Bereits seit 2006 wird die Kollektion von der "Wien-Products-Gruppe", einer von der Wiener Wirtschaftskammer 1995 ins Leben gerufenen Dachmarke, jährlich umgesetzt. Bislang waren 50 Wiener Unternehmen mit an Bord, wenn es darum ging, Objekte mit einer speziellen Wiener Note zu erfinden. Die kann - wie beim Walzer - eimal höher, einmal tiefer klingen.

Bibelzitat und Spezialglas

Besonders süßlich tönt sie im Falle der Schmuckarbeiten, die der Designer Sebastian Menschhorn für den Juwelier A. E. Köchert komponierte. "Stört die Liebe nicht auf, weckt sie nicht, bis es ihr selbst gefällt" oder "Ein Lustgarten sprosst aus Dir." Mit diesen und anderen Bibelzitaten - insgesamt sind es zehn - ist seine Serie von Ringen und Armreifen aus Gold verziert. "Da die Liebe das Positivste ist, finde ich es schön, diese Zitate am Körper zu tragen", sagt Menschhorn über seine Schmuckstücke mit dem naheliegenden Namen "Am Anfang war die Liebe". Etwas kryptischer geht der Architekt Gregor Eichinger an seine Sache heran. Für J. & L. Lobmeyr, die längst zum Team jener Traditionsunternehmen gehören, die junges Design in ihrer Kollektionen locken, entwarf er einen Becher aus mundgeblasenem bleifreiem Kristallglas, das mit Spezialfarben beschichtet ist. Über das Glas mit Knick sagt Eichinger, es basiere auf der Summe seiner Lebenserfahrung und seines Wissens. Was man dem Glas nicht auf den ersten Blick ansieht, beschreibt er weiters so: "Der Name 'Deep Space' und seine Gestalt beruhen auf einem komplexen Konstrukt von Erkenntnissen und Sehnsüchten. Insofern passt das Produkt zur persönlichen Designphilosophie - wie die Flüssigkeit in die Form des Glases."

Auf eine andere Hülle, nämlich die des Möbels, hatten es Marie Rahm und Monica Singer, also "Polka", abgesehen. Sie entwarfen für Backhausen Möbel- und Vorhangstoffe unter dem Namen "Area".

Wie schon Sebastian Menschhorn gestalteten auch Lisa Grabner und Isabel Dammermann Schmuck. Erstere den luftigen Armreif "Honeycomb" für den Juwelier Schullin, zweitere formte asymmetrische geschliffene Edelsteine zu den Broschen "solid as a rock".

Stachelleuchte und Silberkanne

Unterstützung aus der Mode holte sich Möbelentwerferin Nin Prantner bei Liska-Designer Thomas Kirchgrabner, mit dem gemeinsam sie der Tischleuchte "Mercury" ihre stachelige Gestalt gab. Heimelig ist anders, aber eine ausgefallene Neuheit im Leuchtenwald ist das Stück mit Spikes auf jeden Fall.

Alltäglicherem Gute widmete sich der längst nicht mehr unbekannte Designer Marco Dessi in Form seines achtteiligen Speiseservices "Orbit" für die Neue Wiener Porzellanmanufaktur Augarten. Dazu passend: die türkische Kaffeekanne "Czeve" von Rainer Scharf. Auftraggeber ist die Wiener Silbermanufactur. Raus auf die Straße darf im Gegensatz zum schlichten Kännchen Martin Mics Brille "Finsternis" für Schau Schau Brillen, die dort scharf aus dem Meer der Ray-Ban- und Gucci-Gläser herausstechen dürfte.

Jenseits der Schneekugel

Weil man das ganze Zeug irgendwie nach Hause karren muss, kreierte Tino Valentinitsch die Taschenlinie "Vienna Graffiti Bag" für Vienna Bag - textile Transporter aus korrallenrotem Baumwollstoff. Tasche abgestellt, also daheim angekommen, könnte Entspannung in Form von "Leslie" von Soda Designers warten, die diesen Stuhl, als elfte und letzte im Bunde für die Wittmann Möbelwerkstätten formten.

Unterm Strich darf gesagt werden, die "Wien Products" bescheren dem Warenkorb eine mehr als gelungene und vor allem brauchbare Alternative zu Sachertorte, Strauß-Büste oder Schneekugel mit Riesenrad, eine Art High-Class-Souvenirs, die auch beim Einheimischen gut aufgehoben sind. (Michael Hausenbla/Der Standard/rondo/01/10/2010)