Zu Melton Barkers "Kidnappers Foil"-Filmen findet am Freitag (19 Uhr) ein Gespräch Gareth Longs mit der Londoner Filmwissenschafterin Erika Balsom statt.

Foto: Gareth Long
Foto: Stephan Wyckoff

Wien - Rund 300-mal hat der US-Filmemacher Melton Barker vom Ende der 1930er- bis in die frühen 1970er-Jahre das immergleiche Drehbuch verfilmt. Keine konzeptuelle Geste, sondern eher ein Geschäftsmodell, das den Filmer durch den amerikanischen Süden und Mittleren Westen führte.

Einen "Buck" (Durchschnittseinkommen 1940: 110 Dollar) zahlten die immer anderen Laiendarsteller in Darlington (South Carolina) oder San Saba (Texas) für das, was Warhol später die flüchtigen "15 Minuten Ruhm" nennen wird: Sie durften sich einmal "in the movies" bewundern, als Showtalente eines Fests, das die Vereitelung einer Entführung feiert - so viel zum simplen Skript.

Zum Konzept wird Kidnappers Foil allerdings in der Arbeit von Gareth Long, präsentiert in der Kunsthalle Wien. Long, der sich schon mehrfach mit der Kulturtechnik des Kopierens und dem Begriff der Autorschaft beschäftigt hat, interessiert Barkers Brechen mit der Idee des Originals. Er kidnappt alle 15 erhaltenen Versionen von Kidnappers Foil und bringt sie zusammen. Nicht zufällig übernimmt er für seine Arbeit auch den Originalfilmtitel: Der Begriff "Plagiat" leitet sich vom lateinischen "plagiarius" ab, das auch Menschenräuber heißt.

Barkers Filme, die nur von lokaler Bedeutung waren, werden nun also in völlig neuem und insbesondere nachbarschaftlichem Kontext präsentiert: eine lose Installation aus synchron startenden Projektionen, deren Töne sich lautstark überlagern. Allerdings kommt hier weniger der Charakter der Kopie als vielmehr jener der Differenz zum Tragen, etwa als Dokument verschiedener lokaler Akzente. Entstanden ist eine fluide Komposition und spannende Folie, um den ungebrochenen Originalitätsanspruch in einer Gesellschaft des eher unbewussten Kopierens zu diskutieren. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 14.11.2014)