Zeit, einmal darüber zu schreiben, was im österreichischen Bildungssystem trotz der vielen und zu Recht kritisierten Fehlleistungen und Defizite gut funktioniert: Das berufsbildende Schulsystem macht ganz offensichtlich einen sehr guten Job. Das bestätigt auch die neue OECD-Studie "Education at a Glance 2015". Dieser internationale Vergleichsblick auf 46 Bildungssysteme aus der ganzen Welt kommt zum Schluss, dass hierzulande "vor allem dank des Systems der Berufsbildung" der so wichtige Übergang in den Arbeitsmarkt "reibungsloser" gelingt als in anderen Ländern. Das ist eine Leistung, die nicht hoch genug zu schätzen ist.

Besonders wichtig in dem Zusammenhang: Die Zahl jener Twens zwischen 20 und 24, die zwar erwachsen, aber im Grunde genommen von dem ausgeschlossen sind, was ein erwachsenes, selbstbestimmtes und sinnstiftendes Leben ausmacht, weil sie weder eine Ausbildung noch einen Job haben, ist in Österreich mit zwölf Prozent weit unter dem OECD-Wert von 17,9 Prozent. Auch wenn natürlich jede/r Einzelne von diesen "Hinausgefallenen" oder gesellschaftlich "Abgehängten" zu viel ist und irgendwie aufgefangen und wieder "hereingeholt" werden muss.

Dabei darf auch ein anderer Aspekt nicht übersehen werden: Österreichs Bildungssystem lässt nur eine "bemerkenswert schwache" Aufwärtsmobilität zu. Es ist für Kinder also besonders schwer, einen höheren Bildungsgrad als ihre Eltern zu erlangen, was auf starke sozial reproduzierende Tendenzen deutet. Das ist problematisch, zumal höhere Bildung ein zentraler Faktor für Beschäftigung und gesellschaftlichen wie persönlichen Wohlstand ist.

Davon abgesehen klappt das "Hereinholen" über weite Strecken sehr gut, vor allem dank des Transformationsriemens, der das leistet: die berufsbildenden höheren Schulen, die HAKs und HTLs, die höheren Schulen für wirtschaftliche Berufe, aber auch das duale System der Lehre.

Sie aber kommen in der bildungspolitischen Debatte so gut wie nie vor. Sie sind die Schattenkinder der Schulpolitik – im Dunkel jener enervierenden und energieraubenden ideologischen Einengung auf die Gesamtschuldebatte und den Kulturkampf um das Gymnasium. Sie sind die vergessenen Schulen, die still und effizient – mit den gleichen Problemen wie die anderen Schulen kämpfend – mit den Schülerinnen und Schülern an deren Zukunft arbeiten.

Zeit, sie vor den Vorhang zu holen und zu stärken. (Lisa Nimmervoll, 24.11.2015)