Parteifreunde: Hillary Rodham Clinton (li.) und Bernie Sanders.

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Charleston/Washington – In der letzten TV-Debatte, bevor am 1. Februar die US-amerikanischen Vorwahlen in Iowa beginnen, haben die Demokraten Hillary Clinton und Bernie Sanders einander am Sonntagabend erneut ein enges Match geliefert. Im Gegensatz zum letzten Aufeinandertreffen der Republikaner drehte sich die Diskussion um Sachpolitik.

Während Sanders bei innenpolitischen Themen wie Gesundheitspolitik, Steuersystem und der Kontrolle der Wall Street seine Stärken ausspielen konnte, punktete Clinton mit ihrer außenpolitischen Erfahrung und dem machtpolitischen Einfluss, den sie schon jetzt geltend machen kann. Ex-Governeur und Ex-Bürgermeister Martin O'Malley, der in Umfragen im einstelligen Prozentbereich liegt, hatte, obwohl er sich redlich um Aufmerksamkeit bemühte, nur eine Nebenrolle. Es war seine letzte Chance, Boden gutzumachen.

Viel Raum für Sanders

Clinton ließ Sanders überraschend viel Raum für Angriffe; nur selten nutzte sie selbst die Gelegenheit, um Unterschiede zu Sanders herauszuarbeiten. So gelang es Sanders einige Male auf bekannt schroffe Art, noch einen draufzulegen: Clinton versprach, den Drogenkrieg durch bessere Ausbildung der Sicherheitskräfte eindämmen zu wollen, und plädierte dafür, Drogenabhängigkeit als psychische Störung und nicht als Verbrechen zu sehen. Sanders ging das nicht weit genug. Wolle man des Problems Herr werden, müsse auch die Pharmaindustrie, die von Abhängigen profitiere, zur Verantwortung gezogen werden.

Selbiges beim Thema Gesundheitsreform: Clinton drängte darauf, auf dem aufzubauen, was unter Barack Obama erreicht worden zu sei, und es gegen die Republikaner zu verteidigen. Sanders forderte hingegen weitreichende Änderungen, darunter die Abschaffung von privaten Kranken- und Gesundheitsversicherungen zugunsten eines inklusiven öffentlichen Systems, in dem niemand mehr in den USA unversichert sei. Während Clinton davor warnte, dass Sanders' Forderungen "Obamacare" wieder zu Fall bringen könnten, argumentierte dieser, dass es letztlich darauf ankomme, "ob wir den Mut haben, gegen die private Versicherungsindustrie und Pharmaindustrie aufzutreten".

Schwächen in Außenpolitik

Vergleichsweise kurz – nur zehn Minuten in einer zweistündigen Debatte – hielten sich die NBC-Moderatoren und demokratischen Kandidaten mit außenpolitischen Fragen auf. Hier wurden, wie schon in den TV-Auftritten zuvor, Sanders' Schwachstellen sichtbar, etwa als er sich dafür aussprach, Saudi-Arabien und den Iran gemeinsam den Kampf gegen den IS anführen zu lassen. Keine visionären Vorschläge gab es zur Lösung des Krieges in Syrien. "More of the same" lautet hier die Devise, außerdem erneuerten alle Bewerber das Bekenntnis, dass es keine US-Bodentruppen in Syrien geben werde.

Clinton, angesprochen auf ihr Verhältnis zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, ließ wissen, dass man gegen einen "Tyrannen" keinen Fußbreit nachgeben dürfe. Sanders wiederum forderte, dass militärische Mittel, die immer noch für das Szenario eines kalten Krieges aufgewendet würden, für den Kampf gegen den IS umgeschichtet werden müssten.

Geld von Goldman Sachs

Die größte Angriffsfläche bot Clinton bei der Frage, wie mit den Reichsten im Land und insbesondere mit der Finanzindustrie umzugehen sei. Sowohl Sanders als auch O'Malley wiesen wiederholt darauf hin, dass jemand, der für seine Reden Geld von Goldman Sachs entgegennehme, nicht mit aller Härte gegen deren Vertreter vorgehen werde. 600.000 Dollar habe Clinton allein im vergangenen Jahr von Goldman Sachs angenommen, so Sanders.

Clinton schob Obama zur Abwehr vor und betonte, dass dieser immerhin das Land aus der Wirtschaftskrise geführt und den Dodd-Frank Act zur Reform der Wall Street verabschiedet habe. Sanders gab das leicht einzuhaltende Versprechen ab, dass es unter seiner Ägide keinen ehemaligen Goldman-Sachs-Banker – wie das zu Zeiten Bill Clintons und George W. Bushs der Fall war – als Finanzminister geben werde.

Die ungleiche Behandlung von Schwarzen und Weißen sowie Arm und Reich wurde zu Beginn der Debatte als auch am Ende thematisiert. Clinton empörte sich darüber, dass die Bevölkerung in Flint, Michigan seit mehr als einem Jahr mit kontaminiertem Wasser zu leben habe, mit drastischen gesundheitlichen Folgen. "Den Gouverneur von Michigan hat das nicht gekümmert. Wären Kinder in einem reichen Vorort betroffen gewesen, wäre das sicherlich anders gewesen", sagte Clinton.

Nun, da sie auch öffentlich darauf aufmerksam gemacht habe, habe Governeur Rick Snyder endlich gehandelt. Ähnlich volksnah, versprach Clinton, werde sie auch aus dem Weißen Haus agieren. Auch in dieser Debatte hatte Sanders wieder das letzte Wort. Das Problem zu beheben sei eine Sache, so Sanders. Jemanden, der diese Missstände zugelassen habe, danach seines Amtes zu entheben die andere, noch viel wichtigere. (Teresa Eder aus Washington, 18.1.2016)