Der Papst sucht die Nähe zu Unternehmern: Im Bild bei einem Treffen mit Instagram-Chef Kevin Systrom.

Rom – Mehr Ethik in der Wirtschaft, dies forderte Papst Franziskus vor 7000 Unternehmern in Rom. Erstmals in der über hundertjährigen Geschichte des italienischen Industriellenverbandes Confindustria fand ein Treffen des Papstes mit den Unternehmern statt. Kernbotschaft des Papstes: Nicht Profit, sondern der Mensch müsse im Fokus der wirtschaftlichen Tätigkeit stehen. Der Papst, der mit seiner Umweltenzyklika bereits vor Monaten versuchte, die Mentalität der Unternehmer aufzurütteln, brachte detaillierte Anliegen vor: Korruption, Freunderlwirtschaft und Jugendarbeitslosigkeit.

Diese drei Phänomene sind in Italien stark ausgeprägt. Die Italiener selbst halten ihr Land für das korrupteste in ganz Europa. Zwar hat die Regierung Renzi ein Antikorruptionsgesetz eingeleitet, doch dieses wurde in letzter Minute entschärft. Zwar wurde eine Antikorruptionskommission eingerichtet, doch Kommissar Raffaele Cantone klagt über mangelnde Mittel zur Korruptionsbekämpfung. Kurzum, das organisierte Verbrechen bleibt weiterhin Protagonist im Wirtschaftsleben. Italien ist auch bei der Beschaffung von Arbeitsplätzen ein Sonderfall. Laut Umfragen wird nur ein Viertel aller Jobs über Arbeitsämter vermittelt. Der Rest über Freunderlwirtschaft. Rund 40 Prozent der Jugendlichen haben keine Arbeit. "Wer keine Arbeit hat, verliert seine Würde", donnerte der Papst.

Wachsender Einfluss der Finanzwelt

Auch der wachsende Einfluss der Finanzen auf die Wirtschaft ist ihm ein Dorn im Auge. "Spekulationen führen zur ungerechten Verteilung des Reichtums." Dazu beteuerte der Chef der Bank-Austria-Mutter Unicredit, Federico Ghizzoni, bei dem Treffen mit den Papst: "Die Aufgabe der Banken ist nicht, mit Finanztransaktionen Geld zu verdienen, sondern Unternehmen und Familien zu unterstützen." Laut Ghizzoni dürfe die technologische und digitale Entwicklung nicht auf Kosten der Beschäftigung gehen. Er erwähnte freilich nicht, dass Unicredit im Fünfjahresplan den Abbau von 18.000 Stellen vorsieht.

Italienische Medien haben die "ethischen" Ambitionen des Papstes publikumswirksam veröffentlicht. Wohlwollend wurde betont, dass es sich nicht um eine katholische Standpauke, sondern um allgemein moralische Vorgaben handelte. Sie umzusetzen wird allerdings in Italien schwierig, schließlich ist das Lobbysystem bis zur Perfektion ausgereift, und die Steuermoral ist bei vielen Unternehmen nicht besonders ausgeprägt. (Thesy Kness-Bastaroli, 29.2.2016)