Gefälschte Nachrichten und Hassbotschaften verbreiten sich immer rasanter im Netz und stellen eine Herausforderung für die Demokratie dar. Im US-Wahlkampf hat sich gezeigt, wie sich falsche Informationen über Immigranten und Muslime viral verbreiten und einen beträchtlichen Beitrag dazu geleistet haben, dass Donald Trump Präsident wird. Auch im zunehmend inhaltsleerer und schmutziger werdenden Bundespräsidentenwahlkampf werden Falschinformationen gezielt verbreitet nach dem Motto: Irgendwas wird schon hängenbleiben.

Vor allem Facebook steht in der Kritik – und das zu Recht. Dass Facebook durch seine Algorithmen die Meinungsbildung beeinflussen kann, ist ein Faktum. Es werden jene Nachrichten eingeblendet, für die man selbst bisher Interesse gezeigt hat oder die von Freunden gutgeheißen wurden. Der US-Informatiker Nicolas Negroponte hat dafür den Begriff "Daily me" geprägt – die tägliche Selbstbestätigung in der Echokammer. Die zunehmend personalisierte Form der Internetsuche auf Google und anderen Suchmaschinen trägt dazu bei, das Problem der "Filterblase" zu verschärfen. Der US-Wissenschafter Cass Sunstein sieht bereits die Gefahr einer Gruppenpolarisation.

Facebook hat das Problem anfangs geleugnet und nun doch reagiert: Ein Team von Faktencheckern soll sich nun um Falschmeldungen kümmern. Ob das reicht? Wer jemals versucht hat, bei Facebook oder Twitter die Löschung einer Meldung zu erreichen, die man selbst als sexistisch, gewaltverherrlichend oder gar als Bedrohung einstuft, weiß, wie schwierig das ist. Im Regelfall kommt die Antwort, dass dieses Posting "nicht gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt".

Laut mobilegeeks.de sind inzwischen 600 Mitarbeiter in Deutschland damit beschäftigt, solchen Meldungen nachzugehen. Angesichts von mehr als 35 Millionen Nutzern im deutschsprachigen Raum ist das zu wenig. Wie ein Insider berichtet, muss jeder täglich 1850 Fälle bearbeiten, und die Regeln für eine Löschung sind streng.

Facebook bezieht sich dabei auf den Ersten Verfassungszusatz in den USA, in dem Meinungsfreiheit sehr breit ausgelegt wird. In dieser liberalen Tradition argumentiert auch der Oxford-Historiker Timothy Garton Ash in seinem jüngsten Buch Redefreiheit. Aber damit wird Facebook seiner Verantwortung entbunden, zumal nicht nur der US-Konzern, sondern auch Nutzer durch Werbung Geld verdienen. Da gefälschte Nachrichten häufiger angeklickt werden, profitieren beide. Je mehr Fake-News, desto mehr Profit. Facebooks Gewinn im dritten Quartal: 2,38 Milliarden Dollar.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte diese Woche über Fake-News, die Politik müsse "mit diesen Phänomenen umgehen und, wo notwendig, sie auch regeln". Justizminister Heiko Maas erklärte, wie: Facebook solle unter medienrechtliche Regulierung gestellt werden.

Das ist ein deutliches Signal: Die Politik vertraut nicht mehr auf die Selbstregulierung durch das Unternehmen. Facebook sollte seine Algorithmen offenlegen und transparent machen, wie Nachrichten kanalisiert werden. Außerdem muss klargestellt werden: Facebook ist auch für Inhalte verantwortlich. Die sozialen Medien haben auch eine soziale Verantwortung. Die Argumentation von Facebook, man sei nur eine Plattform, wird nicht mehr akzeptiert. (Alexandra Föderl-Schmid, 25.11.2016)