Simmentaler und Angusrinder eignen sich für lang gereiftes Fleisch, sofern sie gut gehalten wurden.

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Beiried hat eine schöne weiße Fettabdeckung und kann kurz gebraten oder im Ganzen gegart werden.

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Das Filetsteak aus dem Rücken ist feinfasrig und besonders zart. Es eignet sich perfekt zum kurz Braten.

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Das Flank-Steak wird aus dem Bauchlappen geschnitten. Es ist besonders mager und eignet sich zum Braten oder Grillen.

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Das Hüftsteak stammt aus der Rinderhüfte und kann ähnlich wie Rumpsteak gegrillt oder gebraten werden.

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Das Weinviertel ist vor allem als größtes Weinanbaugebiet Österreichs bekannt und steht für riesige Felder, auf denen allerhand Getreide und Gemüse angebaut wird. Umso überraschender ist es, wenn man nach einer langen Fahrt durch kleine, von Feldern umgebene Ortschaften vor einer mächtigen Herde ausgewachsener Rinder steht. Über 600 Tiere tummeln sich rund um den idyllischen Hof von Daniela und Fred Zehetner. Vor 14 Jahren zogen die beiden Oberösterreicher ins Weinviertel, um Rinder zu züchten.

Hauptsächlich sind es Galloway- und Aberdeen-Angus-Rinder, die hier auf saftigen Wiesen zeit ihres Lebens grasen. Die mächtigen Ochsen ernähren sich ausschließlich von Gras und Klee, was den einzigartigen Geschmack dieses Fleisches ausmacht. Getreide bekommen die Tiere nicht zu sehen und fressen. "Rinder sind seit jeher mit Gras ausgekommen. Warum soll sich das jetzt ändern? Getreide und Mais sind geschmacksneutral. So schmeckt dann auch das Fleisch – nach nichts", sagt Fred Zehetner.

Dass die männlichen Tiere wenige Wochen nach der Geburt kastriert werden, sei ebenfalls wichtig für den Geschmack. "Stierfleisch ist grobfasriger und zäh. Das hat mit den Hormonen zu tun. Die Tiere sind ständig im Deckeinsatz. Bei uns wachsen die Tiere bis zu 28 Monate, bevor wir sie schlachten. Österreichische Stiere sind in der Regel ab 16 Monaten schlachtreif und vollgepumpt mit Mais, Getreide und Soja."

Neu entdeckte Liebe

Fleischkenner und Gourmets kommen aber nicht nur auf Zehetners Farm, um gereiftes Ochsenfleisch zu kaufen. Es sind die alten Mutterkühe, die immer mehr Anhänger finden und deren Fleisch hierzulande als neue Delikatesse gehandelt wird. Viele Jahre wurde der Großteil ins Ausland exportiert. Als zu zäh, zu fett und zu eigenwillig wurde die alte Kuh in heimischen Gefilden abgetan. Erst als Food-Blogger und Spitzenköche vom einzigartigen Geschmack schwärmten, trauten sich auch eingefleischte Steak-Fans an das reife Fleisch heran. Plötzlich war es das neue Umami-Fleisch, das intensiv nussig nach Heu und Butter schmeckte. Mittlerweile steigt die Nachfrage nach alter Kuh.

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So ein Stück Fleisch zu bekommen, ist aber gar nicht so leicht. Und nicht jede alte Kuh eignet sich dafür, als gereiftes Stück Fleisch verkauft zu werden. Ein Steak von der Hochrippe einer neun Jahre alten Kuh hat Fred Zehetner noch übrig. Es sei aber das letzte, wie er sagt. "Wir haben nur ungefähr sechs bis acht Kühe im Jahr, die sich dafür eignen beispielsweise als Prime Rib gegessen zu werden. Wenn ich am Schlachtkörper sehe, dass die Kuh das von der Beschaffenheit nicht schafft, kann ich das Fleisch nicht verkaufen. Kunden bekommen nur das allerbeste Fleisch von alten Kühen bei mir. Das ist die Königsdisziplin", sagt Zehetner.

Das Steak ist geschmacklich mit nichts vergleichbar, was man sonst zu kaufen bekommt. Das rund acht Wochen gereifte Strip-Loin hat eine feine Marmorierung, ist von einer Fettschicht umgeben, und ist nicht zäh, sondern hat einen angenehmen Biss. Anders als bei altem Schaf ist der Geschmack der alten Kuh zwar intensiv, aber angenehm und sollte nicht mit Gewürzen oder Saucen überdeckt werden.

Das Fleisch beobachten

Fleisch soll nach Fleisch schmecken. Davon ist auch Klaus Piber überzeugt. Im Wiener Restaurant Frank's lässt er österreichisches Rindfleisch rund sechs Wochen reifen, bevor es als saftiges Steak serviert wird. Vier Wochen davon hängt der Rinderrücken in einem Dry-Ager, der als Herzstück mitten im Lokal thront. Fleisch trocken reifen zu lassen ist in den USA bereits ein alter Hut. Hierzulande gibt es mittlerweile auch viele Anhänger des zarten und intensiv schmeckenden Fleisches. Die Stücke reifen bei kontrollierter Temperatur und Luftfeuchtigkeit und verlieren bis zu 50 Prozent ihres Eigengewichts.

Dieser Zeit- und Lageraufwand hat seinen Preis. "Es reicht nicht, sich einen Reifeschrank ins Restaurant zu stellen. Man muss das Fleisch beobachten und pflegen", sagt Piber, der ebenfalls Zehetners alte Kühe bezieht. Küchenchef Harald Gmeindl verarbeitet das Fleisch zu Burger-Patties. "Die alte Kuh ist im Moment noch ein Nischenprodukt. Ich denke aber, dass es in den nächsten Jahren immer mehr Fans geben wird. Der Geschmack reicht von karamellartig bis nussig. Man schmeckt, dass es sich um reifes Fleisch handelt. Der besondere Geschmack hat auch mit der Rasse zu tun", sagt Gmeindl und meint damit Angusrinder, die im Nordosten Schottlands ihren Ursprung haben.

Sie eignen sich besonders gut für lange Fleischreifung, da sie eine gute Fettabdeckung haben. Klassisch ist die feine Marmorierung, die durch die Einlagerung von intramuskulärem Fett entsteht. Aber auch alte Kühe anderer Rassen sind geeignet, um nach vielen Jahren als saftig reifes Stück Fleisch gegessen zu werden.

Das Simmentaler Fleckvieh beispielsweise: Die Rasse, die ursprünglich aus der Schweiz stammt, ist bekannt für eine hohe Ausbeute an Edelteilen. Während die Tiere in der Intensivmast zu schnell auf ihr Schlachtgewicht gebracht werden, gibt es glücklicherweise Bauern, die den Kühen Zeit geben, um in Ruhe zu wachsen. Nur so wird ihr Fleisch saftig und zart.

Kuhhandel

Doch wo bekommt man ein solches Fleisch? Diese Frage stellten sich auch Robert Weishuber und Benjamin Hofer. Die beiden Freunde, von denen einer einen Biosupermarkt in Oberösterreich gründete und der andere in der Spitzengastronomie in London arbeitet, kaufen seit einiger Zeit alte Kühe von österreichischen Bauern und verkaufen das Fleisch an Gastronomen und Endverbraucher (X. O. Beef). Sie wollen das Fleisch der alten Kuh unter die Leute bringen und zeigen, wie großartig es schmecken kann.

"Früher hatte Fleisch einen anderen Geschmack. Das habe ich vermisst. Durch dieses Fleisch habe ich diesen Geschmack wiedergefunden. Wenn man Leuten sagt, dass sie eine alte Kuh essen sollen, schauen sie einen verwundert an. Wir haben teilweise Kühe mit 15 Jahren. Das ist ein großartiges Fleisch", sagt Weishuber. Missionieren wolle er nicht, wie er sagt. Die Bauern sind aber positiv überrascht, wenn die beiden Unternehmer ihnen erzählen, was sie mit ihrer alten Kuh vorhaben. Schließlich waren sie es gewohnt, die alten Tiere dem Schlachthof zu überlassen, bevor sie in irgendein Land exportiert wurden.

Ein gutes Leben

Die Idee scheint anzukommen, experimentieren doch auch Spitzenköche wie Walter Leidenfrost vom Wiener Restaurant Ludwig Van mit der alten Kuh. "Durch die Kreativität der Köche kommen wir auch wieder auf neue Dinge", sagt Weishuber, der das Fleisch am liebsten kurz gebraten als Steak isst. "Wenn jemand dieses Fleisch durchbrät, wird er keine Freude haben. Da geht alles an Geschmack verloren. Je dicker das Fleisch beim Grillen ist, desto besser. Man brät es scharf an – vor allem das Fett. Dann ist es perfekt."

Beim Kauf vom Fleisch alter Kühe sollte man darauf achten, dass die Kuh ein gutes Leben hatte und stressfrei geschlachtet wurde. "Wir schlachten die Tiere meistens nach Vollmond. Es geht alles nach Bauchgefühl. Man muss in einer guten Verfassung sein. Wenn ich schlecht geschlafen habe oder einen Streit mit meinen Kindern hatte, schlachte ich an diesem Tag nicht. Die Tiere haben es verdient, unsere vollste Aufmerksamkeit zu haben", sagt Fred Zehetner. Und wenn der Mond gut steht, kommen wieder neue Fleischliebhaber in den Genuss, eine seiner alten Kühe zu essen. (Alex Stranig, RONDO, 1.6.2017)

Was österreichische Spitzenköche über das Fleisch von alten Milchkühen denken

Helmut & Philip Rachinger, Mühltalhof, Neufelden

"Man muss neben der Frage des Geschmacks schon auch die Frage des Respekts stellen. Wie sieht das Leben so einer Milchkuh aus? Der Mensch nimmt ihr das Kalb, damit er ihr dann die Milch nehmen kann. Dann wieder ein Kalb, damit es weiter Milch gibt. Und so weiter in einem fort, bis sie ausgedient hat – und ihrer letzten Verwendung als Essen zugeführt wird. Als Koch ist es deshalb das Mindeste, ihr in der Küche mit Respekt und Achtsamkeit zu begegnen. "

Lukas Mraz, Cordobar, Berlin

"Die alte Milchkuh gibt mir Gänsehaut schon bei der Zubereitung da ich selten Fleisch mit so hoher Fettstufe außerhalb Japan gesehen habe . FAT IS NOT BAD!"

Walter Leidenfrost, Ludwig Van, Wien

"Zuerst war ich verblüfft von der Qualität und Tiefe im Geschmack, die dieses Fleisch bietet – so etwas habe ich zuvor nur in Spanien oder Frankreich kosten können. Aber mindestens so taugt mir, dass es alte Kühe aus Österreich sind: von kleinen Bauern, die auf ihre Viecher acht geben, die Tiere auf der Weide halten, ihnen ein langes Leben gönnen."

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