Segeln auf der Eda Frandsen entzieht sich vielen Konventionen.

Foto: Eda Frandsen
Ihr Alter sieht man Eda Frandsen nicht an. Man spricht auch völlig offen darüber und ist darauf sehr stolz. Im Hafen der westschottischen Stadt Oban wartet sie auf ihre Gäste, die sie ein paar Tage durch schottische Gewässer bringen wird. "She", nicht "das" Schiff, sagt das Englische, und genauso ladylike wird sie von ihrer Crew, Jamie als Eigner und Kapitän, Richard als Maat und Rachel, der Köchin, auch behandelt: respektvoll, langsam und mit Freude.

Natürlich sollte man zuerst in sich gehen und grundsätzlich die Frage stellen, ob Segeln in Schottland sein muss. Schönwetterkapitäne mit ihren Badenixen werden dort vielleicht nicht den entspanntesten aller Urlaube verbringen. Die "Rind'n" wird wohl durchaus prächtig geraten, Sonne und Meer können auch im hohen Norden etwas. Aber weiter als vom Haaransatz bis dorthin, wo der Trockenanzug anfängt, wird die Bräune wohl nicht reichen. Aalen in der Sonne geht in windstillen Ecken, Schwimmen ist nur für Hartgesottene zu empfehlen. Jamie, Rachel und Rich haben ihre Freude daran. Aber die sind hier geboren, leben hier und sehen das ganz anders. Dazwischen gibt es "proper Scottish wheather", schottisches Wetter, wie es sich gehört: blauer Himmel mit prächtigen Wolken, dann schnell wieder ein bisschen Regen und immer Wind.

Hummer und Kummer

Schätzt man die Fortbewegung auf Wasser dank der Physik und der Kräfte der Natur, wird man auf der Eda Frandsen schwer belohnt. Sie kommt eigentlich aus Dänemark, wo sie 1938 gebaut wurde, und diente bis in die späten 1980er-Jahre als Hummer-Kutter. Dann erwarb sie Jamie und seine Familie Robinson, sie vergönnten ihr eine Rundum-Erneuerung und rüsteten sie in zahllosen Arbeitsstunden und trotz eines Großbrandes im Stadium des fertigen Rumpfbaus zum Segelboot um.

Das Schiff war ausgelegt auf schwere Arbeiten auf hoher See, liegt ergo auch heute als Segelboot dementsprechend ruhig und satt in den Wellen. Bis sie segelt, braucht es im Gegensatz zu den heute modernen Kunststoffbooten schon etwas mehr Wind. Sobald sie es tut, ist es die pure Freude, weil sie stabil dahingleitet und durchs Wasser pflügt, wo es leichtere Boote schon einmal ordentlich herumwirft. Ihre technische Ausstattung ist minimalistisch. Moderne Hilfsmittel wie etwa Winschen oder Rollreffanlagen, die den Kraftaufwand beim Bedienen minimieren, wird man vergeblich suchen. Segeln ist Handarbeit, ist sich die Crew über den puristischen Zugang einig: "Zuerst ist es etwas Arbeit, dafür hat man dann sehr lange etwas davon", lächelt Richard.

Die Segel der Eda Frandsen sind aus Tuch, das auch entsprechend schwer ist, und lagern, so sie nicht gesetzt sind, in Taschen, die so groß sind, dass sie als bequeme Sitzsäcke an Deck dienen. Zum Setzen des Gaffelsegels, der Vorsegel und zum Aufschießen der Leinen danach, braucht man schon drei bis vier Personen und gut 20 Minuten. Bei aufkommendem Wind wird händisch gerefft oder das eine oder andere Vorsegel eingeholt und durch ein kleineres ersetzt - ein wahrer Kraftakt. Auch das Bergen des Ankers ist eine deutlich anspruchsvollere Prozedur als der Druck auf einen Knopf.

Magische Akzente

Segeln auf der Eda Frandsen bedeutet bei allen Knoten, die da gemacht werden, Entschleunigung. "Magic", kommentiert es Jamie an besonders gelungenen Segel-Tagen, was sich mit seinem schottischen Akzent zwar ein bisschen wie [ma:tschig] anhört, aber Ausdruck höchster Freuden ist.

Die Eda Frandsen segelt mit zwei verschiedenen Stamm-Crews sechs- und neuntägige Touren in den Hebriden, den Shetland-Inseln, zu den Orkneys und zu anderen lohnenden Zielen. Übernachtet wird an Board in Buchten oder auch in Häfen der oft sehr malerischen Städte. Großkabinen mit viel Privatsphäre darf man sich übrigens nicht erwarten. Das Boot war wie bereits erwähnt fürs Arbeiten ausgelegt, und der Grundcharakter schlägt sich auch in der Ausstattung nieder. Dafür wird man am gemeinsamen Tisch bestens von Rachel versorgt, inklusive Tee und köstlichem Kuchen zwischendurch. Sie hat als Teenager von ihrer Großmutter kochen gelernt, hat Theatertruppen und Filmcrews bekocht und war ständig auf Booten unterwegs.

Bananen-Watching

Im Juli segelt die Crew mit Gästen die Classic Malt Cruise. Manchmal sind es reine Segeltouren, manchmal sind sie mit geführten Trekkingtouren kombiniert - zum Beispiel in einen der zahllosen Nationalparks oder auf Munroes, das sind Berge in Schottland, mehr als 3000 Füße hoch (etwas mehr als 900 Meter). Angesichts der Tierwelt versteht man sehr bald, dass die Inseln und die schottische Wasserwelt ein Dorado für Bird-, Whale- und sonstige Watcher sind. Minkwale, Delphine kreuzt man allenthalben, Seehunde treiben oft wie Kegel schlafend im Wasser oder liegen auf Steinen, die aus dem Wasser ragen und an graue Bananen erinnern.

Die Segelgäste auf der Eda Frandsen sind übrigens durchaus eingeladen, bei der Bedienung des Bootes mitzumachen, eine Instruktion ist inkludiert. Eingeschult wird übrigens nicht nur in Segeltechnik, sondern auch im Gebrauch der "heads", der Bordtoiletten, eine der größten Schwachstellen von Segelbooten ganz generell. Natürlich kann man sich dem allen auch entziehen, es wäre aber nur der halbe Spaß.

Segeln auf der Eda Frandsen entzieht sich vielen Konventionen. Vielleicht ist dies bei aller Sorgfalt im Umgang mit dem Boot und seinen Gästen als Form der Anarchie zu sehen, die sich Jamie, Richard und Rachel als schwere Fans von Punk-Musik und mit ihrer Liebe zum Meer bewahren. Und dazu passt genauso gut, dass Jamie in passenden Stunden zur Concertina greift und schottische Seemannslieder zum Besten gibt. (Luzia Schrampf/DER STANDARD/Printausgabe/31.5.2008)