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Keszler hat Clinton und Wien als Verbündete. Andere aber wähnen Gott selbst an ihrer Seite

Foto: AP/Hans Punz

Wien - Am 17. Juli könnte es vor dem Burgtheater lauter und turbulenter zugehen, als sonst. Denn nicht nur Flugblätter sollen dort "den Zweck der Demonstration" (aus dem Anmeldetext) erläutern - man fährt auch schweres Geschütz auf: "Die Demonstration wird unterstützt durch zwei Pkws mit Lautsprecheranlagen."

Eine höhere Macht an seiner Seite

Dass diese massierte Verkündigungspower untergehen könnte, kann Martin Humer nicht glauben: Mag Gery Keszler auch mit Wiens Stadtregierung, Parlament, Burgtheater, Bill Clinton, Whoopy Goldberg und Liz Hurley sowie Armeen von Sponsoren, Models und Künstlern beim Life Ball auffahren - der Pornojäger wähnt eine weit höhere Macht an seiner Seite: Gott selbst.

Wider Sünde, Sex und Amoral

Also bittet Humers Christlich Soziale Arbeitsgemeinschaft präzise am Tag von Keszlers 18. HIV-Charity-Party zur Kundgebung. Wider Sünde, Sex und Amoral - und im Herzen des ruchlos-sündigen Aufmarsches: zwischen Rathaus und Burgtheater.

Eleganter Sommerball

Denn nachdem der Life- Ball-Auftakt, die traditionelle Modeschau (heuer: Calvin Klein, Diane von Fürstenberg und Kenneth Cole) schon vor Jahren aus dem Rathaus (4000 Zuseher) auf den Rathausplatz (40.000) metastasierte, bespielt Keszler heuer erstmals auch die Burg. Mit dem eleganten Sommerball "Red Ribbon Cotillion".

Und weil der diesjährige Life Ball auch den Auftakt der internationalen Aids-Konferenz in Wien darstellt, findet im Parlament eine Gala statt. Sogar der Herr Bundespräsident kommt.

Doch mögen Republik, Kulturtempel und ORF (Letzterer überträgt live) dem triebhaft-geilen Treiben für Aufklärung, Aids-Prävention und Enttabuisierung verfallen - einer widersteht der hedonistischen Sexkultur: "Am 17. Juli soll nun das Burgtheater zweckentfremdet geschändet werden", schreibt Humer, "jahrelang haben homosexuelle Vereinigungen ihre 'Grande Feste' (sic!) im Wiener Rathaus gefeiert. Nun wollen sie ihre gesellschaftliche Aufwertung durch das Burgtheater feiern."

Gesellschaftspolitische Folgen des Charity-Einsatzes

Um vor den gesellschaftspolitischen Folgen des Charity-Einsatzes von Natalia Ushakova, Montserrat Caballé und Suzanne Vega zu warnen, kann Humer da nur eines tun: am Life-Ball-Tag gegen den Life Ball und alles, wofür dieser steht, betend demonstrieren. Inmitten von Drag-Queens, Latex-Girls und Ledermännern.

Wilden Trubel und schrille Ballgäste wird Humer da zwar sehen, den Ball selbst aber versäumen: "Längstens bis 22 Uhr" ist seine Kundgebung angemeldet. Danach schlafen Menschen wie Martin Humer. Und der Ball geht los. (Thomas Rottenberg, DER STANDARD Printausgabe 1.7.2010)